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Neue Empfehlung der LAGA zur Einstufung von Boden-Bauschutt-Gemischen

Im Baubereich fallen häufig Gemische aus Boden und Bauschutt an, die gegebenenfalls auch mineralische Materialien enthalten. Die korrekte Entsorgung dieser Gemische stellt eine Herausforderung dar, da die Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) für diese Gemische keinen spezifischen Abfallschlüssel definiert. Um den Umgang mit diesen Gemischen zu vereinheitlichen, hat die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft (LAGA) nun eine neue Empfehlung zur Einstufung von Boden-Bauschutt-Gemischen veröffentlicht. Danach soll Folgendes gelten:

Ausgangslage

Gemäß den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) sowie der Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) und der Ersatzbaustoffverordnung (EBV) sollten beim Rückbau von Bauwerken Boden-Bauschutt-Gemische grundsätzlich gar nicht erst als Abfall anfallen, weil möglichst sortenrein zurückgebaut werden sollte. 

Dennoch fallen in der Praxis, besonders in städtischen Gebieten oder bei alten Auffüllungen, weiterhin Gemische aus Boden und Bauschutt sowie weiteren (nicht) mineralischen Bestandteilen an. In solchen Fällen ist eine Trennung der Bestandteile vor Ort zu prüfen. Falls eine Trennung technisch nicht möglich ist, schlägt die LAGA folgende Vorgehensweise zur Einstufung dieser Gemische vor:

Vorgehensweise zur Einstufung nach Bauschuttanteil

Die Einstufung der Boden-Bauschutt-Gemische erfolgt in Abhängigkeit vom Anteil des Bauschutts im Gemisch:

  • Bauschuttanteil ≤ 50 Vol.-%

Beträgt der Anteil des Bauschutts im Gemisch maximal 50 Vol.-% (inklusive der Fremdbestandteile), soll das Gemisch als „Boden und Steine“ eingestuft werden. Hierfür sollen die AVV-Schlüssel 17 05 03* (Boden und Steine, die gefährliche Stoffe enthalten) oder 17 05 04 Boden und Steine mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 05 03 fallen) verwendet werden. Für bestimmte Verwertungsbereiche (insbesondere bodenähnliche Anwendungen nach den §§ 6 ff. BBodSchV) können allerdings strengere Vorgaben für den Anteil an Bauschutt und sonstigen mineralischen Fremdbestandteilen gelten.

  • Bauschuttanteil > 50 Vol.-%

Übersteigt der („reine“) Bauschuttanteil im Boden-Bauschutt-Gemisch (abzüglich der sonstigen mineralischen Fremdbestandteile) 50 Vol.-%, gilt für das Gemisch entweder der AVV-Schlüssel 17 01 06* (Gemische aus […] Beton, Ziegeln, Fliesen und Keramik, die gefährliche Stoffe enthalten) und der AVV-Schlüssel 17 01 07 (Gemische aus Beton, Ziegeln, Fliesen und Keramik mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 01 06 fallen).

  • Nicht mineralische Fremdstoffe

Bei „geringen Anteilen nicht mineralischer Fremdstoffe“ gilt die Einstufung nach den beiden oben genannten Kategorien. Enthält das Gemisch „größere Anteile“ nicht mineralische Fremdstoffe wie Kunststoffe, Holz oder Metalle („Störstoffe“ i.S.d. EBV), erfolgt die Einstufung basierend auf dem Anteil dieser Stoffe. Bei höheren Anteilen müssen diese nicht mineralischen Fremdstoffe vor der Entsorgung getrennt und separat behandelt werden. Diese Gemische werden dann unter den AVV-Schlüsseln 17 09 03* (sonstige Bau- und Abbruchabfälle (einschließlich gemischte Abfälle), die gefährliche Stoffe enthalten) oder 17 09 04 (gemischte Bau- und Abbruchabfälle mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 09 01, 17 09 02 und 17 09 03 fallen) erfasst.

Kritik

Die LAGA verwendet den Begriff „Fremdbestandteile“ in Abweichung von der EBV und der BBodSchV. Diese beiden Verordnungen kennen die klare Legaldefinition des Begriffs „Fremdbestandteile“ in § 2 Nr. 8 Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) als mineralische Bestandteile im Bodenmaterial oder im Baggergut, die keine natürlichen Bodenausgangssubstrate sind, insbesondere Beton, Ziegel, Keramik, Bauschutt, Straßenaufbruch und Schlacke“ (vgl. auch Fußnote 1 in Anlage 1 Tabelle 3 zur EBV). Für nicht mineralische Bestandteile, die kein natürliches Bodenausgangssubstrat sind, verwenden die beiden Verordnungen den Begriff „Störstoffe“, den § 2 Nr. 9 BBodSchV legaldefiniert als „in der Regel Gegenstände im Bodenmaterial oder im Baggergut, die deren Verwertungseignung nachteilig beeinflussen können, insbesondere behandeltes Holz, Kunststoffe, Glas und Metallteile“ (vgl. auch Fußnote 1 in Anlage 1 Tabelle 3 zur EBV). Es ist unverständlich, wieso die LAGA diese beiden gesetzlich definierten Begriffe nicht verwendet und ihre Empfehlungen somit zu Missverständnissen einladen.

Die LAGA verpasst zudem die Chance, eine klare Vorgabe zu machen, wie mit Gemischen mit nicht mineralischen Fremdbestandteilen umzugehen ist. Die Abgrenzung zwischen einem „geringen“ und einem „größeren“ Anteil wird durch die Empfehlung nicht konkret deutlich. Dabei ist die Frage, wie hoch der Anteil an Fremd-/Störstoffen im Bodenmaterial und Boden-Bauschutt-Gemischen sein darf, damit diese noch vernachlässigbar oder gering gelten, keineswegs neu. EBV und BBodSchV knüpfen zwar an „vernachlässigbare Anteile an Störstoffen“ erhebliche Rechtsfolgeunterschiede, sie geben aber keine klare Definition der „Vernachlässigbarkeit“ vor. Hier besteht dringender Bedarf nach Konkretisierung und Vereinheitlichung. Mit dieser Frage haben sich unser Rechtsanwalt und Partner Gregor Franßen und unsere Rechtsanwältin Vanessa Homann bereits im Rahmen eines Beitrages in der Zeitschrift für das Recht der Kreislaufwirtschaft (AbfallR) auseinandergesetzt. Veröffentlicht ist der Beitrag im Heft 2 der AbfallR 2024 auf den Seiten 74 bis 80.

Gregor Franßen, EMLE
Rechtsanwalt | Partner

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