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Mandanteninformation - Der neue Einwegkunststofffonds

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Liebe Mandantinnen und Mandanten,
liebe Damen und Herren,

das Einwegkunststofffondsgesetz (EWKFondsG) ist Mitte Mai 2023 in Kraft getreten. Nachfolgend hat das Bundesumweltministerium Mitte Oktober 2023 nach Zustimmung des Bundestages die Einwegkunststofffondsverordnung (EWKFondsV, BT-Drs. 20/8128, siehe dazu unseren Blogbeitrag), in der Detailregelungen zum Einwegkunststofffonds geregelt werden, erlassen. Im Juli 2024 sind nun die ersten Feststellungen des Umweltbundesamtes zur Einstufung von Einwegkunststoffprodukten nach dem EWKFondsG ergangen.

Das EWKFondsG ist nach der Einwegkunststoffverbotsverordnung (EWKVerbotsV, ausführlich dazu Franßen/ Homann, AbfallR 2021, 98-104), nach der Einwegkunststoffkennzeichnungsverordnung (EWKKennzV, ausführlich dazu Franßen/Homann, AbfallR 2021, 258-268) und nach dem Gesetz zur Umsetzung von Vorgaben der Einwegkunststoffrichtlinie und der Abfallrahmenrichtlinie im Verpackungsgesetz und in anderen Gesetzen vom 22. Januar 2021 (ausführlich dazu Franßen/Homann, AbfallR 2021, 165-172) eine weitere – vorerst letzte – Maßnahme zur Umsetzung der EU-Einwegkunststoffrichtlinie (EU-EWKRL) vom 5. Juni 2019.

Die EU-EWKRL hat das Ziel, den Verbrauch von bestimmten Einwegkunststoffprodukten zu reduzieren und Kunststoff als Ressource besser zu bewirtschaften. Mit dem EWKFondsG wird die in Art. 8 Abs. 1 bis 7 EU-EWKRL geregelte erweiterte Herstellerverantwortung in deutsches Recht umgesetzt. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EU-EWKRL müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass die Hersteller bestimmter Einwegkunststoffartikel die Kosten für Sensibilisierungsmaßnahmen, die Bewirtschaftung der in öffentlichen Sammelsystemen entsorgten Einwegkunststoffabfälle und für Reinigungsaktionen hinsichtlich der Einwegkunststoffabfälle tragen.

Wir wünschen Ihnen viele neue und nützliche Erkenntnisse beim Lesen.

Ihr Franßen & Nusser Umweltrechtsteam

1. Hintergrund

Bereits 2019 hat die EU mit der Einwegkunststoffrichtlinie den künftigen Weg zum mitgliedstaatlichen Umgang mit gewissen Einwegkunststoffprodukten durch das Instrument der erweiterten Herstellerverantwortung deutlich geprägt. Neben der EWKVerbotsV, der EWKKennzV und neben deutlichen Änderungen innerhalb des Verpackungsgesetztes folgte im ergangenen Jahr der Erlass des EWKFondsG.

Das EWKFondsG wurde im Rahmen des Gesetzes zur Umsetzung von Artikel 8 Absatz 1 bis 7 der Richtlinie (EU) 2019/904 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt erlassen. Neben dem EWKFondsG in Art. 1 enthält das Gesetz auch Änderungen am Verpackungsgesetz (Art. 2), Änderungen am EWKFondsG (Art. 3) und Inkrafttretensregeln (Art. 4).

Das EWKFondsG stellt gemeinsam mit der nachfolgend erlassenen EWKFondsV den vorerst letzten Baustein zur Umsetzung der EU-EWKRL dar.

2. Anwendungsbereich (§ 2 EWKFondsG)

§ 2 Abs. 1 EWKFondsG bestimmt den Anwendungsbereich des Gesetzes. Danach regelt das EWKFondsG die Produktverantwortung der Hersteller von Einwegkunststoffprodukten nach Anlage 1. Diese Anlage 1 umfasst die folgenden Produkte, wenn sie Einwegkunststoffartikel darstellen:

  1. Lebensmittelbehälter, das heißt Behältnisse, wie Boxen mit oder ohne Deckel, für Lebensmittel, die
    1. dazu bestimmt sind, unmittelbar verzehrt zu werden, entweder vor Ort oder als Mitnahme-Gericht,
    2. in der Regel aus dem Behältnis heraus verzehrt werden und
    3. ohne weitere Zubereitung wie Kochen, Sieden oder Erhitzen verzehrt werden können;

keine Lebensmittelbehälter in diesem Sinne sind Getränkebehälter, Getränkebecher, Teller sowie Tüten und Folienverpackungen, wie Wrappers, mit Lebensmittelinhalt;

  1. aus flexiblem Material hergestellte Tüten und Folienverpackungen, wie Wrappers, mit Lebensmittelinhalt, der
    1. dazu bestimmt ist, unmittelbar aus der Tüte oder der Folienpackung heraus verzehrt zu werden und
    2. keiner weiteren Zubereitung bedarf;
  2. Getränkebehälter mit einem Füllvolumen von bis zu 3 Litern, das heißt, Behältnisse, die zur Aufnahme von Flüssigkeiten verwendet werden, wie bepfandete und nicht bepfandete Getränkeflaschen und Verbundgetränkeverpackungen, einschließlich ihrer Verschlüsse und Deckel; keine Getränkebehälter in diesem Sinne sind Getränkebehälter aus Glas oder Metall mit Verschlüssen, Deckeln, Etiketten, Aufklebern oder Umhüllungen aus Kunststoff;
  3. Getränkebecher einschließlich ihrer Verschlüsse und Deckel;
  4. leichte Kunststofftragetaschen, das heißt, Kunststofftragetaschen mit einer Wandstärke von weniger als 50 Mikrometern mit oder ohne Tragegriff, die den Verbrauchern in der Verkaufsstelle der Waren oder Produkte angeboten werden;
  5. Feuchttücher, das heißt, getränkte Tücher für Körper- und Haushaltspflege;
  6. Luftballons; ausgenommen sind Luftballons für industrielle oder gewerbliche Verwendungszwecke und Anwendungen, die nicht an Verbraucher abgegeben werden;
  7. Tabakprodukte mit Filtern sowie Filter, die zur Verwendung in Kombination mit Tabakprodukten vorgesehen sind.

Darüber hinaus gelangen gemäß Art. 3 des Gesetzes zur Umsetzung von Art. 8 Abs. 1 bis 7 EU-EWKRL zum 1. Januar 2026 auch Feuerwerkskörper in den Anwendungsbereich des EWKFondsG. Feuerwerkskörper sind im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Sprengstoffgesetzes (SprengG) pyrotechnische Gegenstände für Unterhaltungszwecke. Mit der Aufnahme der Feuerwerkskörper geht Deutschland über eine 1:1-Umsetzung von Art. 8 Abs. 1 bis 7 EWKFondsG hinaus.

3. Begriffsbestimmungen (§ 3 EWKFondsG)

§ 3 EWKFondsG befasst sich mit den Begriffsbestimmungen. Insoweit hält sich das EWKFondsG nahe an der EU-EWKRL. Hervorzuheben sind die folgenden Bestimmungen:

a) Einwegkunststoffprodukt

Ein Einwegkunststoffprodukt ist nach der bekannten Definition ein ganz oder teilweise aus Kunststoff bestehendes Produkt, das nicht konzipiert, entwickelt und in Verkehr gebracht wird, um während seiner Lebensdauer mehrere Produktkreisläufe zu durchlaufen, indem es zur Wiederbefüllung an einen Hersteller oder Vertreiber zurückgegeben wird oder zu demselben Zweck wiederverwendet wird, zu dem es hergestellt worden ist, § 3 Nr. 1 EWKFondsG.

b) Hersteller

Wichtig ist des Weiteren die Begriffsbestimmung des Herstellers, § 3 Nr. 3 EWKFondsG. Hersteller ist jede natürliche oder juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft, die

  • in Deutschland niedergelassen ist und als Produzent, Befüller, Verkäufer oder Importeur unabhängig von der Verkaufsmethode, gewerbsmäßig Einwegkunststoffprodukte nach Anlage 1 im Inland erstmals auf dem Markt bereitstellt oder
  • im Ausland niedergelassen ist und gewerbsmäßig Einwegkunststoffprodukte nach Anlage 1 mittels Fernkommunikationsmitteln im Inland unmittelbar an private Haushalte oder andere Nutzer verkauft.

Als Hersteller sind in Deutschland niedergelassene Verkäufer und Importeure der in Anlage 1 genannten Einwegkunststoffprodukte einzustufen, sofern diese die in Anlage 1 genannten Produkte in Deutschland erstmalig bereitstellen. Außerdem sind auch ausländische Online-Händler als Hersteller einzustufen, sofern diese die in Anlage 1 genannten Einwegkunststoffprodukte direkt an private Haushalte oder andere Nutzer in Deutschland verkaufen.

c) Betreiber eines elektronischen Marktplatzes

Marktplatzbetreiber i.S.d. EWKFondsG sind nach § 3 Nr. 6 EWKFondsG im Kern Betreiber elektronischer Verkaufsplattformen, die es Dritten ermöglichen, die in Anlage 1 genannten Einwegkunststoffprodukte für den deutschen Markt anzubieten. Der Begriff des Marktplatzbetreibers entspricht damit im Wesentlichen den jeweiligen Definitionen nach dem VerpackG und ElektroG. Das EWKFondsG entfaltet somit auch für Marktplatzbetreiber wie Amazon und eBay große Bedeutung.

4. EWK-Fonds (§ 4 bis § 6 EWKFondsG)

§ 4 EWKFondsG befasst sich mit dem Einwegkunststofffonds. Der Fonds sowie die Abwicklung und Kostenerstattung werden durch das Umweltbundesamt (UBA) verwaltet. Die Verwaltungskosten werden gemäß der Vorgabe des § 5 Abs. 1 EWKFondsG aus den Einnahmen des Einwegkunststofffonds finanziert. Nach Ende eines jeden Haushaltsjahres hat das UBA nach § 6 Abs. 1 EWKFondsG in einer Jahresübersicht die Summen der Einnahmen und Ausgaben des Fonds darzulegen.

5. Registrierungs- und Meldepflicht der Hersteller (§ 7 bis § 11 EWKFondsG)

Teil 3 des EWKFondsG regelt verschiedene Pflichten der Hersteller.

Nach dem EWKFondsG besteht für Hersteller bestimmter Einwegkunststoffprodukte seit 2024 eine Registrierungs- und ab 2025 eine Meldepflicht.

Nach § 7 EWKFondsG müssen Hersteller sich vor Aufnahme ihrer Tätigkeit beim UBA registrieren lassen. Die Registrierungspflicht besteht seit dem 1. Januar 2024. Das UBA veröffentlicht die registrierten Hersteller auf seiner Homepage, § 7 Abs. 5 EWKFondsG. Da die Regelungen zu Feuerwerkskörpern erst zum 1. Januar 2026 in Kraft treten, hat die Registrierung der Hersteller von Feuerwerkskörpern, wenn der Hersteller seine Tätigkeit bereits vor dem 1. Januar 2026 aufgenommen hat, bis zum 31. Dezember 2026 zu erfolgen. Zur Registrierung über die Online-Plattform DIVID verweisen wir auf unseren dazugehörigen Blogbeitrag.

Auch trifft die Hersteller eine Meldepflicht (§ 11 EWKFondsG). Ab dem 1. Januar 2025 müssen die Hersteller jährlich bis zum 15. Mai eine Meldung an das UBA über auf dem Markt bereitgestellte oder verkaufte Einwegkunststoffprodukt je nach Art und Masse (in kg) im Kalenderjahr versenden. Hersteller von Feuerwerkskörpern haben die jährliche Datenmeldung erstmals bis zum 15. Mai 2028 vorzunehmen.

Sanktionen für nicht oder nicht ordnungsgemäß registrierte Hersteller normiert § 9 EWKFondsG. Hersteller, die nicht oder nicht ordnungsgemäß registriert sind, dürfen Einwegkunststoffprodukte nach Anlage 1 nicht erstmals auf den Markt bringen, § 9 Abs. 1 EWKFondsG. Einwegkunststoffprodukte von Herstellern die nicht nach § 7 registriert sind, dürfen auch von anderen nicht gewerbsmäßig zum Verkauf angeboten worden, § 9 Abs. 2 EWKFondsG. Betreibern elektronischer Markplätze ist es ab dem 1. Januar 2025 verboten, Einwegkunststoffprodukte anzubieten, die der Hersteller nicht registriert hat, § 9 Abs. 3 EWKFondsG. Für Feuerwerkskörper, die ab dem 1. Januar 2026 unter das EWKFondsG fallen, gelten die Sanktionen des § 9 EWKFondsG erst ab dem 1. Januar 2027.

Ein Verstoß gegen die Verbote aus § 9 EWKFondsG kann mit einem Bußgeld von bis zu 100.000 EUR geahndet werden, siehe § 26 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 und Abs. 2 EWKFondsG.

Erfolgt die Meldung nach § 11 EWKFondsG nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig droht nach § 26 Abs. 1 Nr. 9 und Abs. 2 EWKFondsG ein Bußgeld in Höhe von bis zu 10.000 EUR.

6. Abgabepflicht

Die §§ 12 bis 14 des EWKFondsG regeln wesentliche Aspekte der Abgabe für Einwegkunststoffprodukte. § 12 EWKFondsG legt die Abgabepflicht der Hersteller fest, während § 13 EWKFondsG die Festsetzung und Fälligkeit der Abgabe durch das UBA beschreibt. In § 14 EWKFondsG wird eine Ermächtigungsgrundlage zur Festsetzung der Abgabesätze durch Rechtsverordnung geschaffen, wobei die spezifischen Sätze in der EWKFondsV festgelegt sind.

a) Abgabepflicht (§ 12 EWKFondsG)

§ 12 EWKFondsG bestimmt die Abgabepflicht in nur einem Satz: Hersteller von Einwegkunststoffprodukten nach Anlage 1 entrichten eine Sonderabgabe zur Erstattung der Kosten nach Anlage 2 (Einwegkunststoffabgabe). Anlage 2 enthält die folgende Tabelle:

Produktart Sammlungskosten Reinigungskosten Sensibilisierungskosten Datenerhebungs- und Übermittlungskosten Verwaltungskosten
Lebensmittelbehälter (Anlage 1 Nummer 1) X X X X X
Tüten und Folienverpackungen (Anlage 1 Nummer 2) X X X X X
Getränkebecher (Anlage 1 Nummer 3) X X X X X
nach § 31 des Verpackungsgesetzes bepfandete Getränkeflaschen (Anlage 1 Nummer 3) X X X X X
Getränkeflaschen (Anlage 1 Nummer 4) X X X X X
leichte Kunststofftragetaschen (Anlage 1 Nummer 5) X X X X X
Feuchttücher (Anlage 1 Nummer 6)   X X X X
Luftballons (Anlage 1 Nummer 7)   X X X X
Tabakprodukte mit Filtern und Filter für Tabakprodukte (Anlage 1 Nummer 8) X X X X X

Ab 1. Januar 2026 zusätzlich:

Produktart Sammlungskosten Reinigungskosten Sensibilisierungskosten Datenerhebungs- und Übermittlungskosten Verwaltungskosten
Feuerwerkskörper (Anlage 1 Nummer 9)   X X X X

Hersteller von Feuchttüchern, Luftballons und Feuerwerkskörpern sind nach der Anlage 2 nicht an den Kosten für die Sammlung zu beteiligen. Dies ist damit begründet, dass Luftballons, Feuchttücher und Feuerwerkskörper nicht oder allenfalls in geringfügigen Mengen in öffentlichen Sammelsystemen anfallen.

b) Festsetzung und Fälligkeit (§ 13 EWKFondsG)

Nach § 13 EWKFondsG wird die Abgabe jährlich vom UBA durch Abgabebescheid festgesetzt. Fällig wird sie einen Monat nach Zugang des Abgabebescheids, § 13 Abs. 3 EWKFondsG.

c) Abgabesatz (§ 14 EWKFondsG)

§ 14 EWKFondsG stellt eine Ermächtigungsgrundlage zur Festsetzung des Abgabesatzes durch Rechtsverordnung dar. Diese Festsetzung erfolgte durch die EWKFondsV. Demnach gelten die folgenden Abgabesätze pro Kilogramm in Verkehr gebrachter Produkte:

  • Feuchttücher: 0,061 EUR/kg
  • Getränkebehälter mit Pfand: 0,001 EUR/kg
  • Getränkebehälter ohne Pfand: 0,181 EUR/kg
  • Leichte Plastiktüten: 3,801 EUR/kg
  • Luftballons: 4,340 EUR/kg
  • Tabakfilter: 8,972 EUR/kg
  • To-Go-Getränkebecher: 1,236 EUR/kg
  • To-Go-Lebensmittelbehälter: 0,177 EUR/kg
  • Tüten und Folienverpackungen: 0,876 EUR/kg

Der Abgabesatz für Feuerwerkskörper ist noch nicht festgesetzt.

Nach den Forschungsergebnissen des UBA schätzt die Bundesregierung die jährlichen Einnahmen des Fonds aufgrund der Abgabepflicht auf bis zu 450 Mio. EUR.

7. Registrierungs- und Meldepflicht der Anspruchsberechtigten (§ 15 bis § 18 EWKFondsG)

Nach dem EWKFondsG besteht für örE, die einen Anspruch auf Auszahlungen aus dem Fonds geltend machen möchten, seit 2024 eine Registrierungs- und ab 2025 eine Meldepflicht.

Neben den abgabepflichtigen Herstellern haben sich auch anspruchsberechtigte öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts beim UBA zu registrieren, wenn sie Sammlungs-, Reinigungs-, Sensibilisierungs- oder Datenerhebungs- und -übermittlungskosten geltend machen wollen, § 15 EWKFondsG. Das UBA veröffentlicht die registrierten Anspruchsberechtigten auf seiner Homepage, § 15 Abs. 6 EWKFondsG. Die Registrierung hat ab 2024 zu erfolgen.

Ebenso wie die Hersteller trifft die registrierten Anspruchsberechtigten eine Meldepflicht, § 17 EWKFondsG. Die Anspruchsberechtigten müssen dem UBA jährlich bis zum 15. Mai die Kosten nach Kostenart für das vorangegangene Jahr melden. Die jährliche Meldung muss erstmalig im Mai 2025 stattfinden.

8. Berechnung der Auszahlungshöhe

Die Berechnung der Auszahlungshöhe erfolgt im Dreischritt nach §§ 19 bis 21 EWKFondsG. Grundlage ist ein Punktesystem mit Punktzahlen für ansatzfähige Leistungen (§ 19 EWKFondsG). Weiterhin ermittelt das UBA für diese Leistungen den Punktewert und gibt diesen jährlich bis zum 30. September bekannt (§ 20 EWKFondsG). Die Höhe der an die einzelnen Anspruchsberechtigten auszuzahlenden Mittel berechnet sich schließlich aus der für die jeweils erbrachten Leistungen nach dem Punktesystem errechneten Punktzahl multipliziert mit dem Punktewert (§ 21 EWKFondsG).

a) Punktesystem (§ 19 EWKFondsG)

Nach § 19 Abs. 1 EWKFondsG erfolgt die Auszahlung aus dem Einwegkunststofffonds nach einem Punktesystem, welches den kalenderjährlich erbrachten Leistungen der jeweiligen Anspruchsberechtigten eine bestimmte Punktzahl zuweist.

Mit § 19 Abs. 2 EWKFondsG wurde das Bundesumweltministerium ermächtigt, das Punktesystem durch Rechtsverordnung festzulegen. Diese Festlegung erfolgte im Rahmen der EWKFondsV. Gemäß § 3 EWKFondsV gelten für das Punktesystem nach § 19 Abs. 1 EWKFondsV die folgenden Punktzahlen:

Für die Leistungen innerorts:

  1. Reinigungsleistung Strecke 10,0 Punkte pro 1 km Reinigungsstrecke,
  2. Sammlungsleistung Papierkorb 1,0 Punkte pro 100 l Papierkorbvolumen,
  3. Reinigungsleistung Fläche 3,0 Punkte pro 1.000 m2 Reinigungsfläche,
  4. Reinigungsleistung Sinkkasten 2,4 Punkte pro 1 Sinkkasten,
  5. Entsorgungsleistung Abfallmenge 31,5 Punkte pro 1 t Abfall,
  6. Sensibilisierungsleistung 15,8 Punkte pro 1 Mitarbeiterstunde.

Für die Leistungen außerorts:

  1. Reinigungsleistung Strecke 7,3 Punkte pro 1 km Reinigungsstrecke,
  2. Sammlungsleistung Papierkorb 0,7 Punkte pro 100 l Papierkorbvolumen,
  3. Reinigungsleistung Fläche 2,4 Punkte pro 1 000 m2 Reinigungsfläche,
  4. Entsorgungsleistung Abfallmenge 31,5 Punkte pro 1 t Abfall,
  5. Sensibilisierungsleistung 15,8 Punkte pro 1 Mitarbeiterstunde.

b) Berechnung und Bekanntgabe des Punktewertes (§ 20 EWKFondsG)

Der Punktewert ergibt sich aus dem Gesamtauszahlungsbetrag dividiert durch die Gesamtpunktzahl. Der Gesamtauszahlungsbetrag ist die Summe der bis zum 31. August eingegangenen Einnahmen des Fonds abzüglich Verwaltungskosten (vgl. § 5 EWKFondsG). Die Gesamtpunktzahl ist die Summe der Punkte aller Anspruchsberechtigten für die im vorangegangenen Kalenderjahr erbrachten Leistungen. Die Bekanntgabe des Punktewerts soll jährlich bis zum 30. September durch das UBA erfolgen.

c) Festsetzung und Auszahlung der Mittel (§ 21 EWKFondsG)

Anschließend wird nach § 21 gegenüber dem einzelnen Anspruchsberechtigten der jeweilige Geldbetrag durch Leistungsbescheid des UBA festgesetzt. Der Geldbetrag errechnet sich durch Multiplikation der individuellen Punktezahl (individuell erbrachte Leistungen x Punkte gemäß § 3 EWKFondsV) mit dem Punktewert.

9. Feststellung zur Einordnung als EWK (§ 22 EWKFondsG)

§ 22 EWKFondsG regelt, dass das UBA auf Antrag feststellt, ob ein Produkt ein Einwegkunststoffprodukt ist. Auch kann es feststellen, welcher Produktart ein Einwegkunststoffprodukt zuzuordnen ist. Schließlich kann das UBA auch feststellen, ob eine natürliche oder juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft Hersteller gemäß der Begriffsdefinition des § 3 Nr. 3 EWKFondsG ist. Die Feststellungen werden auf der Homepage DIVID veröffentlicht.

Im Juli 2024 hat das UBA die ersten vier Feststellungen auf der Grundlage des § 22 EWKFondsG getroffen:

a) Feststellungen zu Einwegkunststoffprodukten – Behälter für Kondensmilch

Nach einer entsprechenden Empfehlung der Einwegkunststoffkommission (siehe nachfolgend unter 10.) hat das UBA am 1. Juli 2024 festgestellt, dass ein „Flüssigkeitskarton mit einem Füllvolumen von 350 ml, mit Ausgießer und Schraubdeckel und dem Aufdruck ‚4 % Fett Kondensmilch teilentrahmt, wärmebehandelt‘, gefüllt mit Kondensmilch, mit den Abmessungen 4,5 x 7,6 x 11,6 cm“ ein Einwegkunststoffprodukt im Sinne des EWKFondsG darstellt.

b) Feststellungen zu Einwegkunststoffprodukten – Behälter für Schlagsahne

Ebenso hat das UBA am 1. Juli 2024 einen „Flüssigkeitskarton mit Ausgießer und Schraubdeckel, gefüllt mit laktosefreier H-Sahne, mindestens 30 % Fett, mit den Abmessungen 4,0 x 6,3 x 10,2 cm und einem Füllvolumen von 200 ml“ als Einwegkunststoffprodukt eingeordnet.

c) Feststellungen zu Produktarten – Ayranbecher

Des Weiteren erging am 1. Juli 2024 eine Feststellung des UBA zu dem Prüfgegenstand „Ayranbecher aus Polypropylen (PP), 250 ml mit Aufdruck“.

Die Einwegkunststoffkommission hatte zuvor dem UBA empfohlen, diesen Ayranbecher keiner Produktart nach Anlage 1 EWKFondsG zuzuordnen, da es sich um ein unbefülltes Vorprodukt handle und erst nachfolgend beim Abfüller klar werde, welcher Bestimmung bzw. Verwendung das Produkt letztlich unterfalle. Dies sah das UBA anders. Obwohl es sich um ein Leerprodukt handelt, sei nach seiner Ansicht eine Zuordnung dennoch möglich. Denn zum Zeitpunkt der Abgabe des Leerprodukts an den Abnehmer sei aufgrund des Aufdrucks „Ayran“ bereits feststellbar, dass das Leerprodukt zur Aufnahme von Lebensmitteln bzw. Abfüllen von Getränken verwendet werden wird.

Hinsichtlich der sodann weiterhin zu treffenden Unterscheidung zwischen den Produktarten Getränkebecher und Getränkebehälter maß das UBA der Form eine besondere Bedeutung bei. Hierzu verwies es auf die Leitlinien der EU-Kommission, wonach Getränkebecher in der Regel runde, meist schalenförmige Trinkgefäße mit oder ohne Verschluss oder Deckel darstellen, Getränkebehälter hingegen der Aufnahme von Flüssigkeiten dienen. Der zu prüfende Ayranbecher sei auch als Rundbecher ausgestaltet, der damit zumindest die Produktmerkmale eines Getränkebechers gemäß den Leitlinien erfülle.

Der Ayranbecher sei zwar nicht mit einer für Trinkbecher typischen, ein komfortableres Trinken ermöglichenden Mundrolle versehen. Eine solche Mundrolle könne aber kein ausschlaggebendes Kriterium für die Einordnung als Getränkebecher sein.

Entscheidend sei vielmehr das auf die Ayranbecher standardmäßig aufgedruckte Piktogramm, das eine tote Schildkröte und einen Becher im Meer über dem Aufdruck „PRODUKT ENTHÄLT KUNSTSTOFF“ zeigt. Mit diesem Piktogramm werde die Kennzeichnungspflicht als EWK-Getränkebecher gemäß § 4 Abs. 3 EWKKennzV erfüllt. Da aber die Kennzeichnungspflicht nur für EWK-Getränkebecher besteht, könne ein Ayranbecher im Umkehrschluss nicht Getränkebehälter sein.

Dieser vom UBA gezogene Umkehrschluss erscheint allerdings fragwürdig, da er die Möglichkeit außer Acht lässt, dass die Kennzeichnung der Becher nach der EWKKennzV schlicht zu Unrecht erfolgte. Dies mag auch der Grund dafür sein, dass gegen diese Allgemeinverfügung ein Rechtsbehelf erhoben wurde.

d) Feststellungen zu Produktarten – Folienbeutel TK-Obst

Mit einer weiteren Allgemeinverfügung des UBA vom 4. Juli 2024 wurde der Prüfgegenstand „Folienbeutel versehen mit dem Schriftzug ‚All Seasons Sommerfrucht Mix‘ tiefgefroren (Mangowürfel, Ananasstücke, grüne Melonenbällchen, blaue Weintrauben, Mandarinensegmente, rote Johannisbeeren, gelbe Melonenbällchen) mit den (ungefähren) Abmaßen 25 cm x 25 cm x 4 cm und einer Füllmenge von 750 g“ keiner Produktart nach Anlage 1 des EWKFondsG zugeordnet.

Zur Begründung führt das UBA aus, dass der Lebensmittelinhalt nicht dazu bestimmt sei, unmittelbar aus der Tüte oder Folienverpackung heraus verzehrt zu werden. Voraussetzung für eine Zuordnung als Einwegkunststoffproduktart der Nr. 1 (Lebensmittelbehälter) als auch der Nr. 2 (Tüten oder Folienverpackung) der Anlage 1 zum EWKFondsG sei nämlich, dass das Lebensmittelinhalt dazu bestimmt ist, aus dem Behälter, der Tüte oder Folienverpackung heraus direkt und ohne weitere Zubereitung verzehrt zu werden. Beide Voraussetzungen träfen auf tiefgekühltes Obst nicht zu, da das Tiefkühlprodukt in der Regel zuhause aufgetaut und zubereitet werde.

10. EWK-Kommission (§§ 23 und 24 EWKFondsG)

Die §§ 23 und 24 EWKFondsG befassen sich mit der Einrichtung einer ehrenamtlich tätigen Einwegkunststoffkommission. Diese berät zum einen das BMUV bei der Festsetzung der Abgabesätzen und des Punktesystems und zum anderen das UBA bei der Berechnung des Punktewerts und der Einordnung als Einwegkunststoffprodukt.

11. Kritik und Ausblick

Mehrere Verbände, darunter der Handelsverband Deutschland (HDE), übten Kritik an der Kostenbeteiligung. Im Gesetzgebungsverfahren plädierten sie unter anderem dafür, dass die betroffenen Branchen die Kostenfrage unter sich regeln.

Viel Kritik kommt nicht nur vom Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse e.V. (dessen Stellungnahme hier zu finden ist), sondern aus der Tabakbranche insgesamt, die durch die Einwegkunststoffabgabe mit Abstand am meisten belastet wird. Hier wird insbesondere kritisiert, dass die Hersteller für das Fehlverhalten der Konsumenten in Form von Littering zur Verantwortung gezogen werden. Der Bundesverband der Zigarrenindustrie merkt in seiner Stellungnahme zudem an, dass Zigarren und Zigarillos im Gegensatz zu Zigaretten reine Genussartikel seien, die selten bis kaum auf öffentlichen Plätzen, Parkplätzen etc. hastig geraucht und in der Umwelt entsorgt werden.

Ein valider Kritikpunkt ist, dass es sich mit Blick in die Zukunft als durchaus problematisch erweisen könnte, dass durch die Einführung des Einwegkunststofffonds eine Ausweichbewegung auf Alternativprodukte – insbesondere Verbundverpackungen – ausgelöst werden könnte, die aufgrund einer geringeren Recyclingfähigkeit schädlicher für die Umwelt sein können als die betroffenen Einwegkunststoffprodukte. Ob überhaupt eine signifikante Ausweichbewegung entsteht, hängt ausschlaggebend von den Abgabesätzen ab. Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) beispielsweise geht in ihrer Stellungnahme davon aus, dass die Abgabesätze deutlich zu niedrig angesetzt sind, um für Hersteller die Entwicklung innovativer Mehrwegverpackungen attraktiv zu machen oder um Verbraucher über eine Umlage und steigende Kosten zur Nutzung von Mehrwegalternativen zu drängen.

Jedenfalls wird sich, da die Abgabe ab 2025 zu zahlen ist, erst in den darauffolgenden Jahren zeigen, ob das System des Einwegkunststofffonds in Bezug auf seine Zielsetzung erfolgreich sein wird. Mit Blick in die Zukunft schlägt die DUH vor, den Einwegkunststofffonds in einen Litteringfonds auszuweiten, um auch Einwegprodukte aus anderen Materialien zu erfassen.

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Vanessa Homann, LL.M.
Rechtsanwältin | Associate

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