Mandanteninformation - Änderung der Abfallrahmenrichtlinie
Artikel als PDF herunterladenLiebe Mandantinnen und Mandanten,
sehr geehrte Interessierte,
am 26.09.2025 hat die EU die Novelle der Abfallrahmenrichtlinie (AbfRRL) in ihrem Amtsblatt veröffentlicht. Diese bringt zwei zentrale Neuerungen mit sich: Es werden Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung vorgeschrieben, und die erweiterte Herstellerverantwortung für Textilien wird neu eingeführt.
Die bedeutendere strukturelle Neuerung betrifft den Textilsektor: Die Novelle der AbfRRL verpflichtet alle Mitgliedstaaten zur Einführung eines harmonisierten Systems der erweiterten Herstellerverantwortung. Hersteller, Importeure und andere Inverkehrbringer von Textilien müssen somit künftig unter anderem die Kosten der Sammlung, Sortierung, Wiederverwendung und Verwertung von Alttextilien tragen. Ziel der EU ist die Förderung langlebiger, reparierbarer und recyclingfähiger Produkte sowie der Aufbau einer zirkulären Textilwirtschaft.
Wir wünschen Ihnen viele neue und nützliche Erkenntnisse beim Lesen,
Ihr FRANSSEN NUSSER Team
Inhaltsverzeichnis
A. Wann treten die neuen Regelungen der AbfRRL in Kraft?
Nach der offiziellen Annahme am 09.09.2025 wurde die Novelle am 26.09.2025 im EU-Amtsblatt veröffentlicht. 20 Tage später, also am 16.10.2025 tritt die überarbeitete Version der AbfRRL in Kraft.
B. Wie sind die Umsetzungsfristen für die Mitgliedstaaten?
Die Mitgliedstaaten haben nach Inkrafttreten 20 Monate Zeit für die Umsetzung in nationales Recht – wobei für die Umsetzung der erweiterten Herstellerverantwortung für Textilabfälle 30 Monate nach Inkrafttreten Zeit bleiben.
Die 20-Monats-Frist endet damit im Juni 2027 und die 30-Monats-Frist zur Einführung der Herstellerverantwortung im April 2028.
C. Welche Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung sieht die Novelle der AbfRRL vor?
Um der Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken, gibt die EU mit einem neuen Art. 9a AbfRRL vor, dass die Lebensmittelverschwendung bei Verarbeitung und Herstellung um 10 % sinken muss. Die Lebensmittelverschwendung in Einzelhandel, Vertrieb, Restaurants und in privaten Haushalten soll um 30 % sinken. Die Ziele sollen bis zum 31.12.2030 erreicht werden.
Wieso ist Lebensmittelverschwendung ein Problem?
- 59 Mrd. t Lebensmittelabfälle/Jahr in der EU
- Kosten für die Wirtschaft: 132 Mrd. Euro zzgl. 9,3 Mrd. Euro für Sammlung und Behandlung
- 16 % der THG-Emissionen des EU-Lebensmittelsystems durch Lebensmittelverschwendung
- 2022: 132 kg Lebensmittelabfälle pro Kopf in der EU
Bemerkenswert: Die Ziele der EU bleiben hinter dem UN-Nachhaltigkeitsziel (Sustainable Development Goals, SDG) 12.3 zurück. Nach diesem soll das weltweite Aufkommen an Nahrungsmittelabfällen auf Einzelhandels- und Verbrauchsebene bis 2030 halbiert werden.
D. Welche Regelungen trifft die AbfRRL in Bezug auf Textilien?
Die größte Neuerung, die die Novelle der AbfRRL mit sich bringt, ist die Einführung eines harmonisierten Systems der erweiterten Herstellerverantwortung (Extended Producer Responsibility, EPR) für Textilien.
Jeder Mitgliedstaat wird verpflichtet, ein entsprechendes System einzuführen, das die Hersteller zur Übernahme der Kosten für die Sammlung, Sortierung, Wiederverwendung, Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling von Alttextilien verpflichtet. Darüber hinaus soll die erweiterte Herstellerverantwortung die Entwicklung langlebiger, reparierbarer und recyclingfähiger Textilprodukte fördern und damit einen wesentlichen Beitrag zur Transformation hin zu einer zirkulären Textilwirtschaft leisten. Investitionen in die getrennte Sammlung, Sortierung, Wiederverwendung und das Recycling von Textilabfällen sowie in die Erforschung und Entwicklung innovativer Technologien sollen gefördert werden. Gegen illegale Ausfuhren von Textilabfällen soll stärker vorgegangen werden.
Wieso sind Textilabfälle ein Problem?
- Textilien unter Top 5 bei Rohstoffnutzung und TGH-Emissionen
- 12,6 Mio. t Textilabfälle/Jahr in der EU (entspricht 12 kg/Person/Jahr)
- davon 5,2 Mio. t Bekleidung & Schuhe
- nur 22 % getrennt gesammelt, 78 % verbrannt oder deponiert
I. Was ist Textilabfall? Was ist eine Alttextilie?
Eine Legaldefinition der Begriffe „Textilabfall“ und „Alttextilie“ gibt es nicht.
Die rechtliche Einordnung von Textilien als Abfall richtet sich daher nach der allgemeinen Abfall-Definition des Art. 3 Nr. 1 AbfRRL (bzw. § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG). Danach gelten Stoffe oder Gegenstände – also auch Textilien – dann als Abfall, wenn sich die Besitzerin oder der Besitzer ihrer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Die Entledigung im abfallrechtlichen Sinne ist in der Abfallrahmenrichtlinie nicht definiert, kann aber nach der nationalen Regelung des § 3 Abs. 2 KrWG aber beispielsweise vermutet werden, wenn die Besitzerin oder der Besitzer Stoffe oder Gegenstände einer Verwertung oder einer Beseitigung zuführt oder die tatsächliche Sachherrschaft über sie unter Wegfall jeder weiteren Zweckbestimmung aufgibt.
Typischerweise erfolgt die Entledigung aussortierter Textilien über Erfassungssysteme wie Altkleidercontainer oder Straßensammlungen. In solchen Fällen gelten sie nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich als Abfall, da die Sachherrschaft aufgegeben wird und keine konkrete Zweckbindung mehr erkennbar ist.
Keine Entledigung liegt hingegen vor, wenn Textilien gezielt zur Wiederverwendung weitergegeben werden, etwa durch Schenkung, Verkauf oder bewusste Spende an gemeinnützige Einrichtungen wie Kleiderkammern, Sozialkaufhäuser oder Secondhand-Läden. In diesen Fällen bleibt die Zweckbindung zur Nutzung als Bekleidung regelmäßig erhalten und die Textilien werden nicht zu Abfällen.
II. Wie soll die erweiterte Herstellerverantwortung für Textilen ausgestaltet sein?
Im Zentrum der Novelle der AbfRRL steht die Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien, die neue rechtliche, organisatorische und finanzielle Anforderungen an Personen und Unternehmen entlang der textilen Wertschöpfungskette stellt.
Erstmals werden Textilhersteller, -importeure und -vertreiber systematisch in die Pflicht genommen, sich an den Kosten und der Organisation der Textilabfallbewirtschaftung zu beteiligen.
Die Regelungen erstrecken sich von der Definition der verantwortlichen Akteure (Art. 3 Abs. 4b) über die erfassten Warengruppen (Anhang IVc) bis hin zur konkreten Ausgestaltung der Herstellerverantwortung (Art. 22a–22d) einschließlich Registrierungspflichten und Vorgaben zur Abfallbewirtschaftung.
1. Verantwortliche Personen, Art. 3 Abs. 4b
Nach Art. 3 Abs. 4b der überarbeiteten Abfallrahmenrichtlinie sind verantwortliche Personen Hersteller, Importeure, Vertreiber oder sonstige Personen, die
- in einem Mitgliedsstaat niedergelassen sind und in diesem Mitgliedsstaat
- unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Marke in Anhang IVc aufgeführte Textilwaren, Textilerzeugnisse oder Schuhe herstellen oder herstellen lassen und erstmals unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Marke bereitstellen;
- unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Marke in Anhang IVc aufgeführte Textilwaren, Textilerzeugnisse oder Schuhe weiterverkaufen, die von anderen Herstellern hergestellt wurden (ohne Angabe des Herstellers); oder
- erstmals gewerbsmäßig in Anhang IVc aufgeführte Textilwaren, Textilerzeugnisse oder Schuhe aus einem anderen Mitgliedstaat oder aus einem Drittland bereitstellen.
- in einem anderen Mitgliedsstaat oder Drittstaat niedergelassen sind und in Anhang IVc aufgeführte Textilwaren, Textilerzeugnisse oder Schuhe über Fernkommunikationsmittel direkt an Endverbraucher (Private oder andere) in einem Mitgliedsstaat verkaufen.
Nicht als verantwortliche Personen gelten Lieferanten von gebrauchten Textilerzeugnissen, Lieferanten von Textilerzeugnissen, die aus gebrauchten Textilerzeugnissen oder Abfällen „abgeleitet“ (Derzeit liegt der Einigungstext nur in englischer Sprache vor; dort „derived“.) sind, und selbständige Schneider, die Erzeugnisse nach Maß herstellen. Diese Ausnahmen sind darin begründet, dass es sich bei diesen Gruppen um Personen handelt, die entweder zur Verlängerung der Produktlebensdauer beitragen oder mit ihrer Tätigkeit nur einen kaum messbaren Beitrag zum Entstehen von Textilabfällen leisten.
Kritisch zu hinterfragen ist, warum die Novelle keine Ausnahme für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) oder Kleinstunternehmen vorsieht. Gerade diese Unternehmen – beispielsweise Ein-Personen-Schneidereien, die nicht ausschließlich Maßanfertigungen anbieten, und andere kleine und mittlere Betriebe – dürften vor besonderen Herausforderungen stehen, wenn sie künftig die Anforderungen der Herstellerverantwortung erfüllen müssen, da ihnen häufig sowohl die personellen als auch die finanziellen Ressourcen fehlen dürften, um beispielsweise entsprechende Berichts- und Finanzierungspflichten zu erfüllen.
Für die Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von unter 2 Mio. € greifen lediglich zwei Erleichterungen:
- Art. 22b Abs. 17 AbfRRL vermindert den Umfang an Informationspflichten;
- die Bestimmungen der Art. 22a, 22b, 22c AbfRRL gelten nach einem neu eingefügten Absatz in Art. 41 für die Kleinstunternehmen erst 42 Monate nach Inkrafttreten der Überarbeitung.
Es ist denkbar, dass den EU-Gesetzgebungsorganen bald auffällt, dass die Ziele der erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien auch ohne Kleinstunternehmen erreicht werden können. Eine Ausnahme würde bürokratische Belastungen für kleine Unternehmen vermeiden und die Akzeptanz der Regelung erhöhen, da der Aufwand für sie im Verhältnis zum Beitrag zum Textilabfallaufkommen wohl unverhältnismäßig sein dürfte.
2. Welche Waren sollen der erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien unterfallen?
Die erweiterte Herstellerverantwortung bezieht sich jeweils auf die in Anhang IVc der AbfRRL aufgeführten Textilwaren, Textilerzeugnisse oder Schuhe. Gemeint sind insbesondere folgenden Waren:
- Kleidung und Bekleidungszubehör aus Gewirken, Gestricken, (Kunst-)Leder,
- Decken, Bettwäsche, Tischwäsche, Hand- und Küchentücher,
- Gardinen, Vorhänge und andere Waren zur Innenausstattung aus Spinnstofferzeugnissen (mit Ausnahme von gepolsterten Bettausstattungen wie Steppdecken, Deckbetten, Polster, Schlummerrollen und Kopfkissen),
- Hüte und Kopfbedeckungen,
- Schuhe mit Laufsohlen und Oberteil aus Kautschuk oder Kunststoff,
- Schuhe mit Laufsohlen aus Kautschuk, Kunststoff oder (Kunst-)Leder und Oberteil aus Spinnstoffen.
Nicht erfasst sind beispielsweise Bauprodukte aus Textilien (z.B. Dämmstoffe), Medizinprodukte aus Textilien (z.B. Verbandsmaterialien, Implantate), sowie textile Komponenten in der Automobil- und Möbelindustrie, etwa Sitz- und Polsterbezüge, Teppiche.
3. Unterfallen Matratzen der erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien nach der AbfRRL?
Art. 22a Abs. 1a AbfRRL erlaubt Mitgliedstaaten, ein System der erweiterten Herstellerverantwortung auf Matratzen auszudehnen. Eine europaweit einheitliche Vorgabe gibt es also nicht.
Die Möglichkeit der Erstreckung der erweiterten Herstellerverantwortung für Textilen auf Matratzen erscheint systematisch inkohärent. Insbesondere fehlt es an einer sektorspezifischen Auseinandersetzung mit Matratzen und ähnlichen Produkte wie beispielsweise Polstermöbeln. Matratzen werden hier wie ein Nebenthema zu Textilabfällen behandelt, was ihrem Umfang und Recyclingbedarf nicht entspricht.
4. Welche Kosten haben Hersteller nach der erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien zu tragen?
Art. 22a der AbfRRL legt fest, dass Hersteller die Kosten für die Sammlung von gebrauchten Textilerzeugnissen und für die anschließende Abfallbewirtschaftung zu tragen haben. Dies umfasst die Kosten für die Sammlung zur Wiederverwendung und die Kosten für die getrennte Sammlung von Abfällen zur Vorbereitung zur Wiederverwendung und zum Recycling, die Kosten des Transports zwecks Sortierung, die Kosten der Sortierung, der Vorbereitung zur Wiederverwendung, des Recyclings, die Kosten für eine etwaige andere Verwertung sowie für die Beseitigung.
Getragen werden müssen auch die Kosten für die Sammlung, Transport und Behandlung von Abfällen, die bei Sozialunternehmen und anderen Einrichtungen des Sammelsystems anfallen. Gleiches gilt für Kosten für die Bereitstellung von Informationen zu nachhaltigem Konsum, Abfallvermeidung, Vorbereitung zur Wiederverwendung, Recycling, Verwertung und Beseitigung.
Schließlich soll die Herstellerverantwortung darüber hinaus auch noch die Kosten der Datenerhebung und Berichterstattung an die jeweiligen zuständigen Behörden erfassen, und es soll eine finanzielle Beteiligung an der Förderung von Forschung und Entwicklung zur Verbesserung der Sortier- und Recyclingverfahren erfolgen, um insbesondere das hochwertige Faser-zu-Faser-Recycling auszubauen.
5. Was ist eine Organisation für Herstellerverantwortung? Welche Aufgaben hat eine Organisation für Herstellerverantwortung?
Die Wahrnehmung der erweiterten Herstellerverantwortung soll kollektiv über Organisationen für Herstellerverantwortung erfolgen. Verantwortliche Personen müssen eine Organisation benennen. Die Bestimmungen zu den Organisationen für Herstellerverantwortung werden in einem neuen Art. 22c AbfRRL geregelt.
So müssen die Organisationen für Herstellerverantwortung selbst die Herstellerpflicht zur Kostentragung erfüllen und die von den Herstellern zu zahlenden Entgelte nach Gewicht der Textilerzeugnisse und Ökodesign-Anforderungen modulieren. Sie organisieren die getrennte Abfallsammlung für gebrauchte Textilerzeugnisse ohne Unterscheidung nach Art, Material, Zustand oder Marke. Die Organisationen stellen Sammel- und Transportbehälter bereit, gewährleisten die flächendeckende Abdeckung und die unentgeltliche Abholung nach geeignetem Turnus. Ziel ist zudem ein stetiger Anstieg der Getrenntsammlung, wobei die Organisationen mit Sozialunternehmen, Vertreibern, Behörden und freiwilligen Sammelstellen zusammenzuarbeiten haben.
Die neuen Regelungen stehen in einem Widerspruch zur Kommissionsstrategie für einen einfachen, nahtlosen und starken Binnenmarkt aus dem Mai 2025 (dazu unser FN-legal Blogbeitrag), wonach insbesondere die Vielzahl nationaler Registrierungen und neuen Organisationen für Herstellerverantwortung als eine der größten Hemmnisse im Binnenmarkt identifiziert wurden. Vor diesem Hintergrund ist kritisch zu hinterfragen, ob die neuen Regelungen der AbfRRL durch die Einführung zusätzlicher Organisationspflichten nicht zu einer erheblichen Ausweitung der Bürokratie führen und damit den Zielen eines einheitlichen und effizienten Binnenmarkts entgegenlaufen.
6. Wer muss sich in das Herstellerregister eintragen lassen? Welche Registerangaben müssen gemacht werden?
Nach der neuen Regelung des Art. 22b AbfRRL haben die Mitgliedstaaten ein Herstellerregister einzuführen. Die Registerpflicht trifft die verantwortlichen Personen in jedem Mitgliedsstaat, in dem Textilerzeugnisse erstmals auf dem Markt bereitgestellt werden, wobei die Bereitstellung erst nach Registrierung in dem jeweiligen Mitgliedstaat stattfinden darf.
Die Registrierung erfordert Angaben zu Name, Handels- oder Markenname, Kontaktdaten, Handelsregisternummer, Steuer-ID, KN-Codes der Textilerzeugnisse und Angaben zur angeschlossenen Organisation. Sie kann durch den Hersteller selbst oder die beauftragte Organisation erfolgen.
Nach Eingang des Antrags entscheidet die zuständige Behörde innerhalb von zwölf Wochen. Fehlende oder unvollständige Angaben oder die Nichterfüllung von Pflichten können zur Ablehnung oder zum Widerruf des Registereintrags führen.
7. Wie müssen Textilabfälle bewirtschaftet werden?
Art. 22d AbfRRL regelt, wie die Textilabfallbewirtschaftung zu erfolgen hat:
- Es muss sichergestellt werden, dass die Infrastrukturen für die Sammlung, das Be- und Entladen, den Transport und die Lagerung sowie andere Vorgänge, einschließlich der Handhabung Textilabfällen, und die anschließenden Sortier- und Behandlungsverfahren vor ungünstigen Witterungsbedingungen und potenziellen Kontaminationsquellen geschützt werden, um eine Beschädigung und Kontamination der gesammelten Textilabfälle zu verhindern.
- Es hat eine Sortierung zur Wiederverwendung stattzufinden.
- Fraktionen zur unmittelbaren Wiederverwendung müssen von Fraktionen zur Vorbereitung der Wiederverwendung getrennt werden.
- Für die Wiederverwendung ungeeignete Artikel sollen für ein anschließendes (Faser-zu-Faser-) Recycling aussortiert werden.
- Die Mitgliedstaaten haben Mindestkriterien und Dokumentationspflichten für gewerbsmäßige Verbringungen von gebrauchten Textilerzeugnissen (keine Abfälle) festzusetzen.
- Die Mitgliedstaaten müssen ab 2025 alle fünf Jahre den Anteil der Textilabfälle in gesammelten gemischten Siedlungsabfällen ermitteln.
E. Was gilt für Smart Textiles bzw. Electronic Textiles?
Die Änderung der AbfRRL und die Einführung der Herstellerverantwortung für Textilien befasst sich nicht mit elektronischen Textilien – sogenannten „Smart Textiles“ oder „Electronic Textiles“. Smart Textiles oder Electronic Textiles sind Bekleidungsstücke und anderen Textilien mit integrierten elektronischen Funktionen. Gemeint sind beispielsweise blinkende Turnschuhe, heizende oder kühlende Textilien oder Sportshirts, die die Herzfrequenz messen. Das Verhältnis der neuen Regelungen der AbfRRL zu smarten elektronischen Textilien dürfte jedoch in Zukunft eine besondere Rolle spielen.
Solche Produkte werden, soweit die elektronischen Komponenten nicht leicht abnehmbar sind, derzeit rechtlich als Elektro- und Elektronikgeräte eingestuft, was aufgrund ihrer technischen Komponenten – etwa Sensoren, Leuchtmitteln oder Heizsysteme – sachgerecht erscheint. Teilweise enthalten Smart Textiles zudem Batterien oder Akkus, weswegen auch die Anforderungen der EU-Batterieverordnung (BattVO) zu beachten sind. Nach Art. 11 BattVO müssen insbesondere Gerätebatterien, um die es sich im Rahmen von Smart Textiles regelmäßig handelt, ab Februar 2027 grundsätzlich leicht entfernbar und austauschbar sein.
Um Regelungslücken oder Doppelverpflichtungen zu vermeiden und um Rechtssicherheit und Kohärenz zwischen Umwelt-, Produkt- und Abfallrecht zu gewährleisten, ist der europäische Gesetzgeber angesichts des wachsenden Marktes für smarte Kleidung im Zugzwang, die Regelungen zu smarten/elektronischen Textilien zu präzisieren.
F. Gibt es ein Vernichtungsverbot für unverkaufte Textilien?
Für unverkaufte Bekleidung, Bekleidungszubehör und Schuhe (Verbraucherprodukte) greift künftig auf Grundlage der Ökodesign-Verordnung (Ecodesign for Sustainable Products Regulation, ESPR) ein Vernichtungsverbot. Nach Art. 25 Abs. 1 UAbs. 1 ESPR ist ab dem 19.07.2026 die Vernichtung unverkaufter Verbraucherprodukte, die in Anhang VII der Verordnung aufgeführt sind, grundsätzlich verboten. Darunter fallen:
- Kleidung und Bekleidungszubehör aus (Kunst-)Leder,
- Kleidung und Bekleidungszubehör aus Gewirken oder Gestricken,
- Hüte und andere Kopfbedeckungen,
- Schuhe.
Von diesem Verbot sind Kleinst- und Kleinunternehmen zunächst ausgenommen (Art. 25 Abs. 1 UAbs. 2 ESPR). Für mittlere Unternehmen gilt das Verbot erst ab dem 19.07.2030 (Art. 25 Abs. 1 UAbs. 3 ESPR). Wirtschaftsteilnehmer, die dem Verbot nicht unmittelbar unterliegen, dürfen keine unverkauften Verbraucherprodukte vernichten, wenn ihnen diese erkennbar nur mit dem Ziel überlassen wurden, das Vernichtungsverbot zu umgehen (Art. 25 Abs. 2 ESPR).
G. Wie ist die Situation in Deutschland? Wie wird die Umsetzung der erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien erfolgen?
In Deutschland gibt es bislang keine erweiterte Herstellerverantwortung für Textilien und die Bewirtschaftung von Textilabfällen. Entsprechende deutsche Regelungen müssen also erst noch geschaffen werden. Wie genau die Umsetzung der Novelle der AbfRRL in Deutschland erfolgen wird, ist derzeit noch unklar.
Denkbar wäre, dass Deutschland die Novelle durch eine Änderung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes in nationales Recht umsetzt. Vorzugswürdiger wäre es jedoch, eine Art „Textilgesetz“ zur Umsetzung der neuen erweiterten Herstellerverantwortung in Deutschland zu schaffen. Ein solches Vorgehen würde dem bisherigen gesetzgeberischen Ansatz in Deutschland entsprechen, bei dem spezifische Produktgruppen jeweils durch separate Gesetze reguliert werden, beispielsweise das Batteriegesetz (BattG), das Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) und das Verpackungsgesetz (VerpackG).
Auch politisch gibt es bereits Anzeichen für eine gesetzgeberische Initiative im Textilbereich in Deutschland. Der Koalitionsvertrag 2025 von CDU, CSU und SPD sieht in Zeile 1223 f. unter der Überschrift „Kreislaufwirtschaft“ vor:
„Im Textilbereich führen wir eine erweiterte Herstellerverantwortung ein“.
Auch die 104. Umweltministerkonferenz hat am 16.05.2025 bereits Maßnahmen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft im Textilsektor sowie zur Stabilisierung und Weiterentwicklung der Alttextilsammlung gefordert.
Auf Landesebene hat das Land Hessen über den Bundesrat eine Initiative eingebracht, mit der der Bund aufgefordert wird, auf Grundlage der absehbaren Änderungen der Abfallrahmenrichtlinie eine erweiterte Herstellerverantwortung für Matratzen einzuführen (BRat-Drs. 206/1/25). Auf die hessische Initiative aufbauend, forderte der Bundesrat am 13.06.2025 von der Bundesregierung in einer rechtlich nicht verbindlichen Entschließung, künftig das Recycling von Matratzen voranzutreiben.
Weitergehende Planungen oder Gesetzesvorhaben zur Umsetzung der Überarbeitung der Abfallrahmenrichtlinie auf Bundesebene sind derzeit (noch) nicht öffentlich bekannt.