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Mandanten­information Klimaanpassungs­gesetz NRW

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Liebe Mandantinnen und Mandanten,
sehr geehrte Damen und Herren,

Ende 2020 hatte das Kabinett der nordrhein-westfälischen Landesregierung neben der Novellierung des Klimaschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen (KSG NRW) auch den Erlass des – bundesweit ersten – Klimaanpassungsgesetzes Nordrhein-Westfalen (KlAnG NRW) beschlossen. Dieser Beschluss war durch die jüngsten Hitze-, Trocken- und Extremwetterereignisse veranlasst, die die zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels auch in Nordrhein-Westfalen vor Augen geführt haben. Nach dem Willen der Landesregierung soll die Klimaanpassung künftig bei allen politischen Entscheidungen und kommunalen Planungsvorhaben mitbedacht werden.

Nach erster Lesung am 25.03.2021 wurde der Gesetzentwurf der Landesregierung für ein KlAnG an den federführenden Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie und Landesplanung sowie an den Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen überwiesen. Der Umweltausschuss empfahl in seiner Beschlussempfehlung und Bericht vom 17.06.2021, den Gesetzentwurf der Landesregierung unverändert zu übernehmen. Nach der zweiten Lesung am 01.07.2021 verabschiedete der nordrhein-westfälische Landtag den Gesetzentwurf der Landesregierung unverändert. Das KlAnG NRW ist am Tag nach seiner Verkündung, also am 16.07.2021 in Kraft getreten.

Mit dem KlAnG NRW will die Landesregierung der Klimaanpassung eine ebenso große Bedeutung beimessen wie dem Klimaschutz (Verringerung von Treibhausgasemissionen). Sie verfolgt dabei unter anderem das Ziel, die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu begrenzen, insbesondere drohende Schäden zu verringern. Zudem soll die Klimaresilienz gesteigert werden, um Schäden für Natur und Gesellschaft zu minimieren, und es sollen Beiträge zu den nationalen und internationalen Anstrengungen bei der Klimaanpassung geleistet werden. Verschaffen Sie sich selbst einen Eindruck davon, ob die NRW-Landesregierung diese Ziele mit dem KlAnG NRW erreichen kann.

Das Gesetz zur Neufassung des Klimaschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen vom 08.07.2021 haben wir Ihnen bereits in unserer Mandanteninformation „Novelle des Klimaschutzgesetzes NRW – Klimaschutz-Beschluss des BVerfG zum KSG NRW“ von März 2022 vorgestellt.

Wir wünschen Ihnen viele neue und nützliche Erkenntnisse bei der Lektüre.

Und: Bleiben Sie gesund!

1. Anlass und Ziele des KlAnG NRW

Ziel des KlAnG NRW ist es, den bereits heute spürbaren Symptomen des Klimawandels wie häufigeren Dürrephasen, Hitzewellen oder Extremwettereignissen wie Starkregen stärker vorzubeugen, zumal diese Symptome bspw. durch die Verdichtung der innerstädtischen Räume und die zunehmende Flächenversiegelung weiter negativ verstärkt werden. Durch die Schaffung eines eigenen Gesetzes will der Landesgesetzgeber den Stellenwert der Klimavorsorge und -anpassung zukünftig stärker gewichten.

2. Zweck des KlAnG NRW: § 1

Zweck des Gesetzes ist es gemäß § 1 KlAnG NRW, Klimaanpassungsziele festzulegen sowie die rechtlichen Grundlagen für eine Klimaanpassungsstrategie und für Klimaanpassungsmaßnahmen zu schaffen. Damit sollen die negativen Auswirkungen des Klimawandels begrenzt, insbesondere drohende Schäden verringert, und die Klimaresilienz gesteigert werden.

3. NRW-Klimaanpassungsziele: § 3

Die NRW-Klimaanpassungsziele bleiben im Gesetz selbst gänzlich unkonkret. Ihre nähere Festlegung wird vollständig auf die Klimaanpassungsstrategie der Landesregierung und im Übrigen auf den Gesetzesvollzug durch die öffentlichen Stellen verlagert.

Neben den NRW-Klimaschutzzielen des § 3 KSG NRW (s.o.) werden durch § 3 KlAnG NRW nun auch gesetzliche NRW-Klimaanpassung geschaffen: Gemäß Abs. 1 dieser Vorschrift sind die negativen Auswirkungen des Klimawandels seitens der jeweils zuständigen öffentlichen Stellen durch die Erarbeitung und Umsetzung von handlungsfeldspezifischen und auf die jeweilige Region abgestimmten Anpassungsmaßnahmen zu begrenzen. Dabei dient die Anpassung an den Klimawandel gemäß Abs. 2 insbesondere der Gefahrenabwehr, der Gesundheit der oder des Einzelnen und der Allgemeinheit, der Sicherung einer menschenwürdigen Umwelt, dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen sowie der Förderung einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft; dementsprechend sind die Anpassungsmaßnahmen auszurichten. Die Erwähnung von handlungsfeldspezifischen Anpassungsmaßnahmen verweist auf die Definition der „Handlungsfelder“ in § 2 Abs. 2 KlAnG NRW, wonach sich die Handlungsfelder an den Handlungsfeldern der bisherigen Strategien auf Bundes- und Landesebene orientieren und die natürlichen und sozioökonomischen Bereiche abdecken, die von den Folgen des Klimawandels betroffen sind.

Die NRW-Klimaanpassungsziele sind nicht einklagbar.

Mit diesen Regelungen ist der Gesetzgeber allerdings sehr im Ungefähren geblieben; (noch) weniger konkret hätte man die NRW-Klimaanpassungsziele wohl kaum beschreiben können. Die Zielfestlegung ähnelt doch eher einer Beschreibung des Gesetzeszweckes – wie auch die Landesregierung in ihrer Gesetzesbegründung offen eingesteht („dient maßgeblich dem Zweck des Gesetzes“). Auch der Handlungsfelder-Begriff bleibt geradezu kryptisch; erst der Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 2 KlAnG NRW (die unzutreffend von einer „Auflistung“ von Handlungsfeldern spricht) lässt sich entnehmen, dass die Landesregierung an die Bereiche menschliche Gesundheit; Wasserwirtschaft und Hochwasserschutz; Boden; biologische Vielfalt und Naturschutz; Landwirtschaft (einschließlich Nutztierhaltung) und Fischerei; Wald und Forstwirtschaft; Verkehr und Verkehrsinfrastruktur; Energiewirtschaft; Finanz- und Versicherungswirtschaft; Industrie und Gewerbe; Tourismuswirtschaft; Bauen und Wohnen; Landes- und Regionalplanung; Stadtentwicklung und kommunale Planung; Katastrophenschutz; Information, Beratung, Bildung & Netzwerke gedacht hat. Konkrete Ziele lassen sich diesen Handlungsfeldern aber auch nicht entnehmen. Dementsprechend hat es der Gesetzgeber nicht für notwendig gehalten (anders als bei den NRW-Klimaschutzzielen, vgl. § 3 Abs. 3 KSG NRW, s.o.), ausdrücklich klarzustellen, dass die NRW-Klimaanpassungsziele keine subjektiven Rechte und keine klagbaren Rechtspositionen begründen.

Die NRW-Klimaanpassungsziele zielen vor allem auf den Schutz von wichtigen Daseinsvorsorge-Bereichen und auf eine Verbesserung der Notfall-Vorsorge ab.

Die Landesregierung stellt sich vor, dass die eigentliche Zielkonkretisierung erst im Zuge der Klimaanpassungsstrategie nach § 8 KlAnG NRW (s.u.) erfolgt – wobei auch diese Vorschrift selber keine weitere inhaltliche Konkretisierung mit sich bringt. Stattdessen hat die Landesregierung lediglich in der Gesetzesbegründung zu § 3 Abs. 1 KlAnG NRW etwas konkreter benannt, welche wichtigen Ziele sie eigentlich verfolgen will: die Erhöhung der Widerstandsfähigkeit von Siedlungs- und Infrastrukturen, die Erhaltung der Stabilität und Leistungsfähigkeit von Naturhaushalt und Ökosystemen oder die Einstellung der Forst- und Landwirtschaft auf veränderte Klimabedingungen. Mit den in § 3 Abs. 2 KlAnG NRW gemachten Vorgaben zielt die Landesregierung auf den Schutz von Daseinsvorsorge mit essenzieller Bedeutung ab, insbesondere auf den Schutz der Abwasserentsorgung, der Trinkwasserversorgung, der Energieversorgung und des öffentlichen Nahverkehrs sowie auf eine Verbesserung der Notfallvorsorge.

4. Umsetzung der Klimaanpassungsziele durch die Landesregierung: § 4

Die NRW-Klimaanpassungsziele des § 3 KlAnG NRW sind gemäß § 4 Abs. 1 KlAnG NRW für die Landesregierung unmittelbar verbindlich. Angesichts der Unschärfe der NRW-Klimaanpassungsziele (s.o.) werden aus der unmittelbaren Verbindlichkeit der Ziele aber keine konkreten Handlungsmaßgaben für die Landesregierung folgen.

Aufgrund ihrer Vorbildfunktion ist die Landesregierung gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 KlAnG NRW dazu verpflichtet ihre Handlungsmöglichkeiten zu nutzen, um die NRW-Klimaanpassungsziele nach § 3 KlAnG NRW insgesamt zu erreichen. Damit wird die Verantwortlichkeit der Landesregierung für die Zielerreichung grundsätzlich auch auf die Bereiche jenseits ihrer eigenen Zuständigkeit ausgeweitet, allerdings beschränkt auf ihre tatsächlichen Möglichkeiten. Dementsprechend soll die Landesregierung der Steigerung der Klimaresilienz besondere Bedeutung einräumen (Satz 2), Maßnahmen und geeignete Unterstützungsstrukturen zur Klimaanpassung im Rahmen ihrer Möglichkeiten umsetzen und fördern (Satz 3) und das Verständnis und die Motivation der Bevölkerung für Klimaanpassungsmaßnahmen unter anderem durch Bildung, Ausbildung, Information und Beratung steigern (Satz 4).

Zur Zielerreichung soll die Landesregierung folgenspezifische Konzepte (Dürre, Hitze, Starkregen) oder handlungsfeldspezifische Konzepte (Wald, Krankenhäuser, Industrie/Gewerbe) erstellen.

Hinsichtlich der verschiedenen Handlungsfelder nach § 2 Abs. 2 KlAnG NRW (s.o.) ist gemäß § 4 Abs. 3 KlAnG NRW das jeweils thematisch zuständige Ministerium für die Umsetzung der Ziele und der Koordination verantwortlich (Ressortprinzip). Neben der Klimaanpassungsstrategie nach § 8 KlAnG NRW (s.u.) muss die Landesregierung gemäß § 4 Abs. 4 KlAnG NRW weitere spezifische Konzeptionen zum Umgang mit den Folgen des Klimawandels erstellen. Diese weiteren Konzeptionen sollen nach der Gesetzesbegründung den Umgang mit spezifischen Folgen des Klimawandels betreffen wie z.B. Dürre, Hitze oder Starkregen, oder handlungsfeldspezifisch strategische Schwerpunkte setzen wie z.B. für die Bereiche Wald, Einrichtungen des Gesundheitswesens (insbesondere Krankenhäuser) oder Industrie und Gewerbe.

Bei allen Maßnahmen zur Klimawandelanpassung kommen gemäß § 4 Abs. 5 KlAnG NRW dem Schutz und dem Ausbau der Grünen Infrastruktur besondere Bedeutung zu. Der Gesetzgeber hat die Grüne Infrastruktur deswegen hervorgehoben, weil sie aufgrund ihrer vielfältigen positiven Beiträge unter anderem zur Stadtkühlung und Retention eines der wirksamsten Maßnahmenfelder der Klimaanpassung sei. Die für Grüne Infrastruktur benötigten Flächen sollen in urbanen Räumen, in denen sie oftmals nur in begrenztem Umfang zur Verfügung stehen, ausgebaut werden und vor einer Versiegelung geschützt werden, die wegen des hohen Nutzungsdrucks droht.

5. Klimaanpassungsstrategie, Monitoring und LANUV NRW: §§ 8 bis 10

Die Ziele und die Maßnahmen zur Zielerreichung werden erst in der Klimaanpassungsstrategie konkretisiert, die alle 5 Jahre fortgeschrieben werden muss.

Gemäß § 4 Abs. 4 i.V.m. § 8 KlAnG NRW muss die Landesregierung eine Klimaanpassungsstrategie erstellen, an der gesellschaftliche Gruppen und kommunale Spitzenverbände beteiligt werden müssen (Abs. 1). Die Klimaanpassungsstrategie konkretisiert die notwendigen Maßnahmen zur Erreichung der NRW-Klimaanpassungsziele und wird spätestens alle fünf Jahre unter Berücksichtigung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse sowie der Entwicklungen auf internationaler, Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene fortgeschrieben (Abs. 2). Sie benennt spezifisch für Handlungsfelder (s.o., vgl. § 2 Abs. 2) Strategien und Maßnahmen, um die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu begrenzen, drohende Schäden zu verringern und die Klimaresilienz zu steigern, und enthält erforderlichenfalls für die Gebiete des Landes gemäß § 2 Abs. 3 LPlG NRW (mit diesen Gebieten sind die Gebiete der fünf Regierungsbezirke Arnsberg, Detmold, Düsseldorf, Köln und Münster sowie das Gebiet des Regionalverbandes Ruhr gemeint) Hinweise und Vorgaben (Abs. 3). Bei der Erstellung der Klimaanpassungsstrategie sind Maßnahmen aus anderen Fachplanungen, die zur Erreichung der NRW-Klimaanpassungsziele geeignet sind, zu berücksichtigen und eine fachübergreifende, integrierte Betrachtungsweise zugrunde zu legen (Abs. 4).

Die Klimaanpassungsziele und die Umsetzung der Maßnahme der Klimaanpassungsstrategie werden gemäß § 9 KlAnG NRW von einem fortlaufenden, wissenschaftlich fundierten Monitoring begleitet, dessen Ergebnisse veröffentlicht werden und die Grundlage für die Fortschreibung der Klimaanpassungsstrategie bilden (Abs. 1). Zentrale Elemente des Monitorings sind (Abs. 2):

  • eine Erhebung und Darstellung der Klimaentwicklungen in NRW,
  • eine Erhebung und Darstellung der Auswirkungen des Klimawandels auf Mensch, Natur und Umwelt auch unter der Berücksichtigung der sozialen, wirtschaftlichen und beschäftigungspolitischen Auswirkungen,
  • ein Überblick über die durchgeführten Maßnahmen der Anpassungsstrategie und
  • ein Überblick über die Auswirkungen der durchgeführten Anpassungsmaßnahmen in NRW.

Das Monitoring wird gemäß § 10 KlAnG NRW vom Landesamt für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW), das die Ergebnisse des Klimafolgen- und Anpassungsmonitorings nach § 9 Abs. 2 KlAnG NRW erarbeitet, fortlaufend aktualisiert und veröffentlicht. Darüber hinaus ist es Aufgabe des LANUV NRW, wie bisher schon wissenschaftliche Datengrundlagen und Instrumente zur Unterstützung der Akteure der Klimaanpassung zu erarbeiten und bereitzustellen sowie Fachbeiträge zu Klimawandel und Klimaanpassung für die Regionalplanung zu erstellen.

Der letzte Klimabericht NRW 2021 „Klimawandel und seine Folgen – Ergebnisse aus dem Klimafolgen- und Anpassungsmonitoring“ (LANUV-Fachbericht 120) datiert von November 2021, die Klimaentwicklungen in NRW werden im „Klimaatlas“ dargestellt.

6. Klimaanpassung durch andere öffentliche Stellen, Berücksichtigungsgebot: §§ 5 und 6

Wie schon im Bereich der Minderung von Treibhausgasemissionen sind die Kommunen auch im Bereich der Klimawandelanpassung weitestgehend frei in ihren Entscheidungen, wie sie ihrer Vorbildfunktion nachzukommen möchten.

Auch die anderen öffentlichen Stellen (jenseits der Landesregierung) haben gemäß § 5 KlAnG NRW eine Vorbildfunktion bei der Klimawandelanpassung, die sie in eigener Zuständigkeit und Verantwortung erfüllen (Abs. 1). Dabei werden sie durch die Landesregierung durch Förderprogramme und Beratungsangebote, Datengrundlagen und vorhandene Erkenntnisse unterstützt (Abs. 2). Den Gemeinden und Gemeindeverbänden wird empfohlen, kommunale Klimaanpassungskonzepte aufzustellen und die darin vorgesehenen Maßnahmen umzusetzen, wobei sie von der Landesregierung unterstützt werden (Abs. 3). Die Notwendigkeiten der Klimaanpassung sollen auch im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge Berücksichtigung finden (Abs. 4); dabei handelt es sich nach der Gesetzesbegründung nicht um eine neue kommunale Pflichtaufgabe, sondern lediglich um eine deklaratorische Klarstellung, dass Klimaanpassung im Rahmen der Daseinsvorsorge stets mitbedacht werden sollte.

Das Berücksichtigungsgebot ist jedenfalls für Individualkläger nicht einklagbar.

Die allgemeine Vorbildfunktion nach § 5 KlAnG NRW (s.o.) wird in § 6 KlAnG NRW um ein Berücksichtigungsgebot ergänzt: Nach Abs. 1 dieser Vorschrift haben die Träger öffentlicher Aufgaben bei ihren Planungen und Entscheidungen den Zweck des KlAnG NRW und die zu seiner Erfüllung festgelegten Ziele fachübergreifend und integriert zu berücksichtigen. Dieses Berücksichtigungsgebot soll nach dem Willen des Gesetzgebers bei allen Planungen und Entscheidungen zum Tragen kommen, soweit im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben Entscheidungsspielräume bestehen; das ist insbesondere dann der Fall, wenn die entscheidungserheblichen Vorschriften auf „öffentliche Interessen“ oder das „Wohl der Allgemeinheit“ abstellen oder Planungsaufgaben zuweisen oder Abwägungs-, Beurteilungs- oder Ermessensspielräume einräumen. Vom Berücksichtigungsgebot werden Verwaltungsentscheidungen sowohl mit als auch ohne Außenwirkung umfasst. Das Berücksichtigungsgebot des § 6 Abs. 1 KlAnG NRW soll die Funktion eines „Lückenfüllers“ haben, soweit in den einschlägigen Vorschriften (noch) nicht auf die Klimawandelanpassung abgehoben wird (so wie es bspw. in § 1a Abs. 5 und § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b) und c) BauGB bereits der Fall ist). Auch aus dem Berücksichtigungsgebot werden sich zumindest für Individualkläger keine subjektiven Rechte und klagbaren Rechtspositionen ableiten lassen, denn das Berücksichtigungsgebot zielt offenkundig allein auf öffentliche Interessen der Allgemeinheit ab. Das wird durch § 7 KlAnG NRW unterstrichen, wonach die Aufgabe der Klimaanpassung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, an deren Erfüllung alle Personen und relevanten gesellschaftlichen Akteure mitzuwirken haben.

Bei Umsetzung des Berücksichtigungsgebots im Einzelfall sind im Rahmen eines Vergleichs von Handlungsalternativen auch die Kosten der negativen Folgen des Klimawandels zu berücksichtigen.

§6 Abs. 2 KlAnG NRW nimmt Bezug auf § 13 Abs. 3 KSG des Bundes, der das bundesrechtlich normierte Berücksichtigungsgebot betrifft. Dieser Verweis ist nur im Kontext zu § 13 Abs. 2 KSG des Bundes zu verstehen: Kommen mehrere Möglichkeiten bei der Planung, Auswahl und Durchführung von Investitionen und bei der Beschaffung in Frage, dann ist gemäß § 13 Abs. 2 KSG in Abwägung mit anderen relevanten Kriterien mit Bezug zum Zweck der Investition solchen der Vorzug zu geben, mit denen das Ziel der Minderung von Treibhausgasemissionen über die gesamte Nutzungsdauer des Investitionsguts oder Beschaffungsguts zu den geringsten Kosten erreicht werden kann. Gemäß § 13 Abs. 3 KSG (in der seit dem 01.09.2021 geltenden Fassung) sind bei Anwendung von Wirtschaftlichkeitskriterien bei vergleichenden Betrachtungen die dem Bund entstehenden Kosten und Einsparungen über den jeweiligen gesamten Lebenszyklus der Investition oder Beschaffung zugrunde zu legen. § 6 Abs. 2 KlAnG NRW wiederholt in Satz 1 diese bundesrechtliche Regelung des § 13 Abs. 3 KSG und nimmt in Satz 2 Bezug auf § 13 Abs. 3 Satz 2 KSG a.F., der inzwischen aber gestrichen worden ist. Nach dieser inzwischen gestrichenen Regelung waren bei vergleichenden Betrachtungen auch die zu erwartenden volkswirtschaftlichen Kosten für den Klimaschutz auf geeignete Weise zu berücksichtigen. Insoweit regelt § 6 Abs. 2 Satz 2 KlAnG NRW für das Berücksichtigungsgebot nach § 6 Abs. 1 KlAnG NRW, dass bei vergleichenden Betrachtungen auch die zu erwartenden Kosten der negativen Folgen des Klimawandels auf geeignete Weise zu berücksichtigen sind.

7. Beirat: § 11

Wie das KSG NRW sieht auch das KlAnG NRW in seinem § 11 die Einrichtung eines Beirats vor. Der Beirat soll die Klimaanpassungspolitik beratend begleiten und setzt sich aus Vertreter*innen relevanter gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Bereiche des Landes zusammen. Durch den Beirat für Klimaanpassung sollen die unterschiedlichen Erwartungen, Ansprüche und Bedarfe in den Anpassungsprozess einfließen.

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Gregor Franßen, EMLE
Rechtsanwalt | Partner

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