Leitfaden KAS-61 zur Einstufung von Abfällen nach Störfallrecht
Die Kommission für Anlagensicherheit (KAS), die beim Bundesumweltministerium angesiedelt ist, hat den Leitfaden KAS-61 zur Einstufung von Abfällen gemäß Anhang I der Störfall-Verordnung (12. BImSchV) überarbeitet. Mit dem Leitfaden KAS-61 vom 15.03.2023 wird der vorherige Leitfaden KAS-25 aus dem Jahr 2012 ersetzt. Die Anpassung des Leitfadens KAS-25 war erforderlich geworden, da sich Neuerungen im Chemikalienrecht ergeben haben und der Leitfasen KAS-25 somit nicht mehr auf geltenden Rechtsgrundlagen beruhte. Die grundlegende Vorgehensweise des alten Leitfadens wurde jedoch auch in der Überarbeitung beibehalten, die deutlich umfangreicher ausfällt als die Vorgängerversion. Es erfolgte eine Präzisierung hinsichtlich der Hinweise für die Einstufung von Abfällen. Diese Anpassung stützt sich dabei vor allem auf die Vollzugserfahrung. Übernommen wurden Hinweise der „Arbeitshilfe für die Einstufung von Abfällen nach Anhang I der 12. BImSchV“ des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (MULNV NRW), die als vorläufige Hilfestellung für die Vollzugspraxis in NRW im Jahre 2018 entworfen worden war.
Mit dem neuen Leitfaden KAS-61 soll die Zuordnung von Abfällen zu den Gefahrenkategorien nach Anhang I der Störfall-Verordnung erleichtert werden. Damit ist der neue Leitfaden besonders für die Frage relevant, ob ein Störfallbetrieb vorliegt.
Grundsätzlich richtet sich die Einstufung von Abfällen hinsichtlich ihrer Gefährlichkeit nach dem Abfallrecht. Einschlägig sind hier insbesondere die Abfallverzeichnisverordnung (AVV) und der Anhang III der Abfallrahmenrichtlinie 2008/98/EG (AbfRRL). Die Anlage zur AVV verweist auf das europäische Chemikalienrecht – namentlich die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (sog. CLP-Verordnung). Jedoch sind die Regelungen der CLP-Verordnung nicht ohne Weiteres auf die Abfalleinstufung zu übertragen. Im Gegensatz zu der Einstufung eines Abfalls in die Kategorien eines nicht gefährlichen und eines gefährlichen Abfalls erfolgt die Gefahreneinstufung nach der Störfallverordnung ausschließlich nach der CLP-Verordnung, also nach dem europäischen Chemikalienrecht und nicht nach dem Abfallrecht. Aufgrund dieser Divergenz bereitet die Zuordnung von Abfällen und Abfallarten im Sinne des Abfallrechts zu den Gefahrenkategorien des Anhangs I der Störfall-Verordnung hinsichtlich der Mengenschwellen praktische Probleme. Allein eine Einstufung nach der AVV reicht nicht aus für eine eindeutige Zuordnung des Abfalls nach der Störfall-Verordnung.
Um eine Zuordnung der Abfälle zu den Gefahrenkategorien des Anhang I der Störfallverordnung zu erleichtern, sollen nach dem neuen Leitfaden KAS-61 verschiedene Verfahren der Zuordnung je nach Einzelfall möglich sein. Typischerweise kann ein Abfall lediglich einer AVV-Abfallart zugeordnet werden. Diesen Fall behandelt der Leitfaden schwerpunktmäßig. Damit eine Zuordnung leichter gelingt, ordnet der Leitfaden die 408 in der AVV mit einem Sternchen als gefährlich gekennzeichneten Abfallarten in Form von Tabellen den Gefahreneinstufungen nach der europäischen CLP- und der nationalen Störfall-Verordnung zu.
Ab Seite 34 des Leitfadens KAS-61 finde sich die Tabelle 4 mit einer Zusammenfassung der Zuordnung der einzelnen Abfallarten zu den Gefahrenkategorien der Störfall-Verordnung, von der hier beispielhaft ein Ausschnitt zu sehen ist:

Für alle Abfälle, die nach der Abfallverzeichnisverordnung als gefährlicher Abfall eingestuft wurden, wird ein weitgehender Zusammenhang zwischen den gefahrrelevanten Eigenschaften nach Abfallrecht, den Gefahreinstufung nach der CLP-Verordnung und den Gefahrenkategorien der Störfall-Verordnung angenommen.