Kritische und Strategische Rohstoffe in der EU: Einigung auf einen Kompromisstext für den CRMA
Die EU steht vor der Herausforderung, ihre Abhängigkeit von Drittstaaten in Bezug auf kritische Rohstoffe zu verringern, die für die Herstellung verschiedener Produkte von Windturbinen über Elektrofahrzeuge bis hin zu Smartphones von entscheidender Bedeutung sind. In diesem Kontext hat die EU den Critical Raw Materials Act (CRMA, dt. „Gesetz zu kritischen Rohstoffen“) ins Leben gerufen, dessen Ziel es ist, die langfristige und nachhaltige Versorgung der Union mit strategischen und kritischen Rohstoffen sicherzustellen.
Die Kommission legte am 16.03.2023 den Vorschlag für die Verordnung eines Rahmens zur Gewährleistung einer sicheren und nachhaltigen Versorgung mit kritischen Rohstoffen vor. In der Ersten Lesung im Parlament im September 2023 wurden Änderungsvorschläge diskutiert. Darauf aufbauend fanden Trilog-Gespräche zwischen dem EU-Parlament, dem Rat und der Kommission statt. Diese fanden nun am 13.11.2023 ihr Ende: Die Vertreter der drei Organe haben sich auf einen Kompromiss-Text für den CRMA geeinigt, der nun noch von Parlament und Rat angenommen werden muss. Der Kompromisstext kann man in der Unterlage des Rats 16127/23 vom 29.11.2023 nachlesen.
Erweiterung der Listen der strategischen und kritischen Rohstoffe (Annex I und II)
Eine wesentliche Entwicklung in der aktuellen Einigung betrifft die Erweiterung der beiden Listen, die die strategischen und kritischen Rohstoffe festlegen. Bauxit, Aluminiumoxid und Aluminium wurden nun in die Liste der strategischen Rohstoffe aufgenommen, sodass diese Liste nun 17 Einträge mit 19 Stoffen/Stoffgruppen umfasst. Gleichzeitig wurden diese Materialien auch in die Liste der kritischen Rohstoffe aufgenommen, wodurch die Gesamtzahl der Einträge auf 34 mit 36 Stoffen/Stoffgruppen erhöht wurde. Beide Listen sollen in einem Dreijahresrhythmus aktualisiert werden.
Anpassung der Kapazitäten (Art. 4a CRMA)
Um die Ziele des CRMA zu erreichen, hat die EU konkrete Richtwerte für jeden strategischen Rohstoff bis 2030 festgelegt. Dabei sollen mindestens 10 % der jährlichen Verbrauchsmenge der strategischen Rohstoffe in der EU gewonnen werden (Gewinnungskapazität), während die Verarbeitungskapazität bei 40 % liegen soll. Die Recyclingkapazität wurde von 15 % auf 25 % erhöht.
Zudem sollen nicht mehr als 65 % des jährlichen Bedarfs der EU an jedem strategischen Rohstoff aus einem einzigen Drittstaat stammen.
Anpassungen in Bezug auf strategische Projekte (Art. 4a ff. CRMA)
Als strategische Projekte können nicht nur Rohstoffprojekte anerkannt werden, die einen bedeutenden Beitrag zur Sicherung der Versorgung der Union mit SRS leisten, sondern auch Projekte, die innovative Rohstoffe produzieren, die strategische Rohstoffe in relevanten Technologien ersetzen.
Die Antragsinhalte für strategische Projekte wurden erweitert und umfassen nun zusätzlich detaillierte Voraussetzungen in Bezug auf indigene Völker, Teilhabe und Umwelt. Die Kommission soll nun 30 Tage Zeit zur Prüfung der Vollständigkeit des Antrags haben – das Parlament hatte eine 14-tägige Frist vorgeschlagen.
Eine weitere bedeutende Veränderung betrifft die Fristenregelungen im Genehmigungsverfahren für strategische Projekte. Bei strategischen Projekten im Bereich der Gewinnung hat die Behörde nun 27 Monate Zeit für die Genehmigungsentscheidung, im Bereich der Verarbeitung oder des Recyclings darf das Genehmigungsverfahren maximal 15 Monate dauern. Alle Anträge hat die Behörde innerhalb von 45 Tagen einer Vollständigkeitsprüfung zu unterziehen, und sie muss innerhalb von einem Monat einen Zeitplan für das weitere Vorgehen erstellen.
Von besonderer Brisanz ist die Entscheidung, die geplante Genehmigungsfiktion bei Fristablauf im Genehmigungsverfahren zu streichen. Damit werden die Fristenregelungen für die Kommission deutlich aufgeweicht, da ein Fristablauf nun nicht mehr automatisch zu einer fingierten Genehmigung des strategischen Projektes führt.
Bei Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) wurde der Zeitrahmen nunmehr auf maximal 30 Tage für die Scoping-Phase und auf 30 und 85 Tage für die Öffentlichkeitsbeteiligung festgelegt.
Anpassungen bezüglich den nationalen Kreislaufwirtschaftsprogrammen (Art. 25 CRMA)
Hinsichtlich der kritischen Rohstoffe sind die Vorgaben zu den nationalen Kreislaufwirtschaftsprogrammen geändert worden: Die Mitgliedsstaaten müssen innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des CRMA Maßnahmen ergreifen, darunter die Steigerung der Sammlung von Abfällen mit hohem Potenzial für kritische Rohstoffe, die Wiederverwendung von Produkten und die Erhöhung der technologischen Reife von Recyclingtechnologien. Neu hinzugekommen ist, dass neben Maßnahmen zum verstärkten Einsatz von sekundären kritischen Rohstoffen auch Maßnahmen ergriffen werden sollen, die finanzielle Anreize zum Einsatz von Sekundärrohstoffen setzen.
Anpassungen bezüglich der Datenbank (Art. 26 CRMA)
Die Datenbank aller stillgelegten Abfallentsorgungseinrichtungen soll nun nicht schon nach 12, sondern erst nach 18 Monaten nach Inkrafttreten des CRMA erstellt werden, mit einer Pflicht zur Aktualisierung alle 3 Jahre.
Anpassungen bezüglich des ökologischen Fußabdrucks (Art. 30 CRMA)
Die Berechnung des ökologischen Fußabdrucks wurde ebenfalls angepasst, wobei die EU-Kommission nun Vorschriften für die Berechnung und Überprüfung des ökologischen Fußabdrucks in Bezug auf die wichtigsten drei Wirkungskategorien erlassen soll.