von

Umsetzung der Ersatzbaustoffverordnung: Hinweise und Empfehlungen für Bauherren

Artikel als PDF herunterladen


Anforderungen an Bauherren nach der neuen Ersatzbaustoffverordnung
unter Berücksichtigung der novellierten Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung

 

Liebe Mandantinnen und Mandanten,

liebe Geschäftsfreunde,

mit der vorliegenden Mandanteninformation zur sog. Mantel-Verordnung [1] betreten wir als Sozietät Neuland. Zum ersten Mal veröffentlichen wir eine gemeinsame Mandanteninformation zusammen mit einem externen Partner, der Landplus GmbH. Mit Landplus verbindet uns seit vielen Jahren eine Best friends-Beziehung. Wir freuen uns daher, bei dieser auch stark technisch geprägten Materie unser Know-how zusammenführen zu können, und wünschen Ihnen wie immer viele nützliche Erkenntnisse beim Lesen der Mandanteninformation.

I. Grundlagen

Im Rahmen der am 16.7.2021 verkündeten und am 1.8.2023 in Kraft tretenden sog. Mantel-Verordnung (im Folgenden: Mantel-VO) hat der Verordnungsgeber unter anderem die Ersatzbaustoffverordnung (EBV) eingeführt. Als Teil eines seit über 15 Jahren diskutierten umweltpolitischen Reformvorhabens werden durch die EBV erstmalig bundeseinheitlich und rechtsverbindlich Anforderungen an die Herstellung und den Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe (im Folgenden: MEB) festgelegt. Weiterhin

novelliert die Mantel-VO die seit 1999 unverändert bestehende Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV). Auch hier ergeben sich insbesondere mit Blick auf die Vorsorgeanforderungen Neuerungen hinsichtlich des Auf- und Einbringens von Materialien auf oder in den Boden.

In der bisherigen Fachdiskussion und juristischen Literatur werden die neuen Regelungen in erster Linie aus Sicht der Betreiber von Entsorgungs- und Aufbereitungsanlagen diskutiert. Die vorliegende Mandanteninformation richtet den Blick hingegen auf den Bauherrn. Sie gibt einen Überblick, welche wesentlichen Anforderungen und Pflichten für Bauherren wie beispielweise Wohnungsbaugesellschaften oder produzierende Unternehmen, die Bau- oder Sanierungsprojekte umsetzen, durch die neuen Regelungen gesetzt werden. Dies erfolgt anhand von zwei in der Praxis besonders relevanten Konstellationen:

  • Erstens für die Konstellation, dass bei Baumaßnahmen Bodenaushub anfällt, der extern, also außerhalb der Baustelle zu verwenden oder zu verwerten ist.
  • Zweitens für die Konstellation, dass Bauherren Bodenmaterial oder RC-Baustoffe bei eigenen Baumaßnahmen verwenden, bspw. bei der Gestaltung von Grünanlagen, Wegen oder Parkplätzen.

II. Konstellation 1: Anfall von Bodenmaterial bei Baumaßnahmen, bspw. Aushub von Baugruben

  1. Die Entsorgung von Bodenaushub stellt bei vielen Bauvorhaben einen nicht unwesentlichen Kostenfaktor dar. Die EBV und die BBodSchV (neu) ersetzen als bundeseinheitliche Regelungen zum 1.8.2023 die sog. LAGA M 20 mit ihren Zuordnungswerten (Z 0, Z 1 etc.) bzw. vergleichbare landesrechtliche Erlasse. Das bisherige Landesrecht wird also vollständig abgelöst und ersetzt. Bauherren müssen diese neue Rechtslage zeitnah in der Vertragsgestaltung berücksichtigen. Dabei ist für Bauherren eine detaillierte Kenntnis der neuen Rechtslage unerlässlich, auch und gerade um die finanziellen Auswirkungen der neuen Rechtslage auf die Entsorgungskosten beurteilen zu können.

    Die EBV findet u.a. auf die Verwertung von Bodenmaterial Anwendung. Die Verwertung von Bodenabfällen ist zumeist deutlich günstiger als die Beseitigung, sprich Deponierung. Bodenmaterial, das bei Baumaßnahmen als Abfall anfällt und nach dem Aushub nicht mit anderen Ersatzbaustoffen als Bodenmaterial vermischt wurde, ist als mineralischer Ersatzbaustoff definiert, soweit das Bodenmaterial unmittelbar oder nach Aufbereitung für den Einbau in technische Bauwerke geeignet und bestimmt ist. Technisches Bauwerk ist jede mit dem Boden verbundene Anlage oder Einrichtung, die nach einer Einbauweise der Anlage 2 oder 3 zur EBV errichtet wird; hierzu gehören insbesondere Straßen, Wege und Parkplätze, Baustraßen, Lager-, Stell- und sonstige befestigte Flächen, Leitungsgräben und Baugruben, Hinterfüllungen und Erdbaumaßnahmen, beispielsweise Lärm- und Sichtschutzwälle und Aufschüttungen zur Stabilisierung von Böschungen und Bermen.
  1. Die EBV spricht Bodenmaterial also nur als Abfall an. Ist Bodenmaterial nach seinem Aushub hingegen nicht als Abfall zu qualifizieren, findet die EBV keine Anwendung auf das betreffende Bodenmaterial. Bei dieser Abgrenzung kommt es darauf an, ob sich der Besitzer des Bodenmaterials entledigt, entledigen will oder entledigen muss: Nur im Falle einer Entledigung ist das Bodenmaterial Abfall. Abfallrecht findet von vornherein keine Anwendung, sofern sichergestellt ist, dass nicht kontaminiertes Bodenmaterial und andere natürlich vorkommende Materialien, die bei Bauarbeiten ausgehoben wurden, in ihrem natürlichen Zustand an dem Ort, an dem sie ausgehoben wurden, für Bauzwecke verwendet werden (§ 2 Abs. 2 Nr. 11 KrWG). Wird Bodenmaterial an anderer Stelle verwendet, kann es unter bestimmten Voraussetzungen an einer Entledigung fehlen, mit der Folge, dass das Bodenmaterial kein Abfall ist. Hierfür ist insbesondere erforderlich, dass bereits im Zeitpunkt seines Aushubs oder unmittelbar danach ein rechtmäßiger und umweltgerechter Verwendungszweck für das konkrete Bodenmaterial sichergestellt ist (3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG). Eine Lagerung von angemessener Dauer zum Zweck der vorübergehenden Verwahrung des Bodenmaterials bis zur Ausführung der Arbeiten, für die das Bodenmaterial andernorts bestimmt ist, dürfte dabei unschädlich sein. Ist das Bodenmaterial im Einzelfall kein Abfall, kann es zwar streng genommen ohne Beachtung der EBV auch in technische Bauwerke eingebaut werden. Hinsichtlich der Kriterien für eine umweltgerechte Verwendung dürften die materiellen Einbau-Maßgaben der EBV aber entsprechend heranzuziehen sein (Materialwerte, Einbauweisen etc. gemäß § 19 EBV i.V.m. Anlage 2 Tabellen 5 bis 8), denn ein Bodenmaterial ohne Abfalleigenschaft kann zumindest in gleicher Weise umweltgerecht eingebaut werden wie ein Bodenmaterial mit Abfalleigenschaft.

  2. Ist Bodenmaterial als Abfall zu qualifizieren, gilt die EBV. Wie bisher gibt es grundsätzlich auch weiterhin die Möglichkeit, bei Baumaßnahmen anfallendes, nicht aufbereitetes Bodenmaterial direkt durch den Einbau in bzw. die Verwendung bei technischen Bauwerken zu verwerten. Dies bedeutet, dass Bodenaushub von einer Baustelle für ein anderes Bauvorhaben verwendet wird. Die Abgabe des Bodenmaterials an diesen anderen Bauherrn stellt nach der EBV ein Inverkehrbringen eines MEB dar. Erzeuger und Besitzer von solchem nicht aufbereitetem Bodenmaterial, das in ein technisches Bauwerk eingebaut werden soll, haben grundsätzlich die in § 14 EBV genannten Untersuchungspflichten zu erfüllen. Die Untersuchungen, inkl. Probenahmen, sind durch eine Untersuchungsstelle im Sinne der EBV (d.h. nach DIN EN ISO/IEC 17025 akkreditiert) vorzunehmen. Erzeuger ist regelmäßig der Bauherr und Auftraggeber, Besitzer ist bei entsprechender vertraglicher Gestaltung in der Regel der Auftragnehmer.

  3. Da es für die Frage, wie und zu welchem Preis der Auftragnehmer bei Baumaßnahmen anfallendes Bodenmaterial verwerten kann, spätestens ab dem 1.8.2023 nicht mehr auf die Z-Werte der LAGA M 20 ankommt, sondern auf die Materialwerte der EBV (und sich zudem die Analyseverfahren erheblich unterscheiden), sollten sich Ausschreibungen und Leistungsverzeichnisse für Projekte, bei denen nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Bodenmaterial (auch) nach dem 1.8.2023 anfällt bzw. durch Einbau in technische Bauwerke verwertet werden soll, bereits aktuell an den Vorgaben der EBV orientieren. Zum Teil ist inzwischen durch entsprechende Erlasse von Landesumweltministerien auch schon geregelt worden, dass die Vorschriften der EBV bereits ab dem 1.1.2023 entsprechend angewendet werden können (z.B. in Nordrhein-Westfalen). Das erleichtert den Übergang auf die neue Rechtslage erheblich; es ist grundsätzlich zu empfehlen, in den entsprechenden Bundesländern von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.

    Die EBV unterteilt Bodenmaterial dabei in verschiedene Materialklassen (vgl. Anlage 1 Tabelle 3 zur EBV):

    - BM-0 (Sand, Lehm/Schluff, Ton) und BM-0*: Bodenmaterial mit bis zu 10 Volumenprozent mineralischer Fremdbestandteile mit nur vernachlässigbaren Anteilen an Störstoffen und mit unterschiedlichen Schadstoffgehalten;

    - BM-F0*, BM-F1, BM-F2, BM-F3: Bodenmaterial mit bis zu 50 Volumenprozent mineralischer Fremdbestandteile mit nur vernachlässigbaren Anteilen an Störstoffen und mit unterschiedlichen Schadstoffgehalten.

    Die Klassifizierung ist – soweit es sich um nicht aufbereitetes Bodenmaterial handelt, das vor einer Verwertung bspw. nicht in einer Bodenwäsche behandelt werden soll – grundsätzlich vom Erzeuger oder Besitzer nach der Beprobung vorzunehmen, vgl. §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 16 Abs. 1 Satz 1 EBV. Die Probenahme ist von einer Untersuchungsstelle nach der LAGA PN 98 (Stand Mai 2019) durch eine Person vorzunehmen, die über die dafür erforderliche Fachkunde verfügt. Untersuchung und Klassifizierung sind zu dokumentieren. Die Dokumente sind 5 Jahre aufzubewahren und der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen.
  1. Bodenmaterial der Klasse BM-0 kann gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 2 EBV ohne weitere Voraussetzungen eingebaut werden. Aus den §§ 19 und 21 EBV i.V.m. Anhang 2 Tabelle 5 (BM-0*, BM-F0*) bzw. Tabellen 6 bis 8 (BM-F1 bis BM-F3) zur EBV ergibt sich im Übrigen, welche Materialklassen von Bodenmaterial unter welchen Voraussetzungen in welchen Einbauweisen in technische Bauwerke eingebaut werden dürfen. Ein EBV-konformer Einbau bedarf keiner wasserrechtlichen Erlaubnis nach 8 Abs. 1 WHG. Daher ist insbesondere die Einstufung in eine Materialklasse zukünftig ein wichtiger Faktor zur Ermittlung der Entsorgungskosten.

    Hinweis: Für Verfüllungen von Abgrabungen, die über eine vor dem 16.7.2021 erteilte Zulassung hinsichtlich des Einbaus von nicht aufbereitetem Bodenmaterial verfügen, gilt eine Übergangsfrist von 8 Jahren (§ 27 Abs. 3 Nr. 1 EBV). Hierin könnte eine kostengünstige Entsorgungsmöglichkeit bis 2031 liegen. Bieter könnten hierauf hingewiesen werden, sofern in angemessener Entfernung entsprechende Entsorgungsmöglichkeiten bestehen; auch dies kann wesentlichen Einfluss auf die Entsorgungskosten haben.

    In bestimmten, in § 14 Abs. 3 EBV mit Verweis auf § 6 Abs. 6 Nr. 1 und 2 BBodSchV n.F. genannten Fällen (In-situ-Vorerkundung ohne Anhaltspunkte für eine Überschreitung der Vorsorgewerte; Maßnahme bis 500 m3 Bodenmaterial ohne Anhaltspunkte für eine Überschreitung der Vorsorgewerte und ohne Hinweise auf weitere Belastungen), entfällt die Untersuchungspflicht für nicht aufbereitetes Bodenmaterial. Das nicht aufbereitete Bodenmaterial darf und muss dann als BM-0 klassifiziert werden, vgl. § 16 Abs. 2 EBV.

    Hinweis: Ergeben sich auf Grund von Herkunft oder bisheriger Nutzung im Rahmen der Vorerkundung Hinweise auf Belastungen mit vornutzungsspezifischen Schadstoffen, z.B. PAK, MKW, BTEX, LHKW, Cyanide etc., wie sie häufig auf Altstandorten, Altlasten oder Flächen mit schädlichen Bodenveränderungen nachgewiesen werden, haben die untersuchungspflichtigen Erzeuger und Besitzer des Bodenmaterials den Boden zusätzlich auf die entsprechenden Schadstoffe zu analysieren (§ 14 Abs. 1 Satz 3 und 4 i.V.m. § 16 Abs. 1 Satz 2 EBV).
  1. Wenn nicht aufbereitetes Bodenmaterial nicht direkt in einem anderen Bauvorhaben verwendet wird, sondern von der Baustelle zunächst in ein Zwischenlager befördert wird, entfallen die vorgenannten Pflichten des Erzeugers und Besitzers. Vergleichbare Pflichten sind dann von dem Betreiber des Zwischenlagers zu erfüllen, der zudem eine Annahmekontrolle in Bezug auf die Annahme von Bodenmaterial im Zwischenlager durchführen muss, vgl. § 18 EBV. Dies dürfte dazu führen, dass die Entsorgung über ein Zwischenlager teurer wird.

  2. Unabhängig davon, ob eine direkte Verwertung stattfindet (Ziffer 2. bis 5.) oder die Verwertung über ein Zwischenlager erfolgt (Ziffer 6.), ist der Verbleib des Bodenmaterials vom erstmaligen Inverkehrbringen an bis zum Einbau in ein technisches Bauwerk durch Ausstellen eines speziellen Lieferscheins zu dokumentieren, vgl. § 25 EBV. Der Lieferschein muss dabei dem Muster in Anlage 7 EBV entsprechen. Diese Lieferscheine dürfen nicht mit firmeneigenen Liefer- und Wiegescheinen verwechselt werden. Entfallen kann der Lieferschein bspw. für Bodenmaterial der Klassen 0 (BM-0), 0* (BM-0*) und F0* (BM-F0*), wenn die Gesamtmenge des Einbaus in ein technisches Bauwerk 200 t nicht überschreitet, vgl. § 25 Abs. 3 Satz 3 EBV.

    Inverkehrbringen von MEB ist gemäß § 2 Nr. 4 EBV die Abgabe eines MEB an Dritte. Unklar erscheint dabei noch, wer Inverkehrbringer des Bodenmaterials ist; nicht auszuschließen ist, dass der Bauherr der abfallerzeugenden Maßnahme bei wertender Betrachtung als Inverkehrbringer zu qualifizieren sein könnte.
  1. Der Inverkehrbringer des Bodenmaterials hat den ausgefüllten Lieferschein zu unterschreiben und dem Beförderer – der regelmäßig eingesetzt werden wird – zu übergeben. Der Lieferschein geht sodann den folgenden Weg:
    • Der Beförderer hat den ausgefüllten Lieferschein dem Verwender zu übergeben.
    • Der Verwender hat alle im Rahmen einer Baumaßnahme erhaltenen Lieferscheine mit einem Deckblatt nach dem Muster in Anlage 8 EBV zu dokumentieren.
    • Der Verwender hat das Deckblatt unverzüglich nach Abschluss der Einbaumaßnahme zu unterschreiben. Ist der Verwender nicht personengleich mit dem Bauherrn, hat der Verwender Deckblatt und Lieferscheine dem Bauherrn zu übergeben; ist dieser wiederum nicht personengleich mit dem Grundstückseigentümer, sind die Dokumente unverzüglich nach Abschluss der gesamten Baumaßnahme vom Bauherrn dem Grundstückseigentümer zu übergeben.

  2. Bauherren sollten sich schnellstmöglich mit der neuen Rechtslage vertraut machen. Folgende Punkte sind insbesondere zu bedenken:
    • Die Entsorgungsklauseln in Bauverträgen/Werkverträgen sind umfassend anzupassen.
    • Unter anderem ist zu regeln, wer die Untersuchungspflichten zur Klassifizierung des Bodenmaterials vorzunehmen hat. Verpflichtet sind nach EBV grundsätzlich sowohl der Abfallerzeuger (in der Regel der Bauherr) und der Abfallbesitzer (in der Regel der Auftragnehmer).
    • Wird die Untersuchungspflicht vertraglich dem Auftragnehmer zugewiesen, ist zu regeln, dass dieser u.a. Nachweise über die Fachkunde der jeweiligen Probenehmer und die Akkreditierung der Untersuchungsstelle nach DIN EN ISO/IEC 17025 zu erbringen sowie dem Bauherrn eine vollständige Dokumentation zu übergeben hat.
    • Bieter sollten in Vergabeverfahren ausreichende Hinweise zur neuen Rechtslage erhalten.
    • Rückbau- und Entsorgungskonzepte müssen die neue Rechtslage berücksichtigen. Dies betrifft insbesondere bei nicht nutzungsbedingt verunreinigtem oder schadstoffbelastetem Beton oder anderen mineralischen Baustoffen deren mögliche Verwertung zu Recyclingbaustoffen.
    • Potentielle Inverkehrbringer und Bauherren sollten vertraglich wie tatsächlich sicherstellen, dass sie eine Kopie/Ausfertigung des Lieferscheins/der Lieferscheine erhalten, um nachweisen zu können, wo das bei ihren Baumaßnahmen angefallene (oder verwendete) nicht aufbereitete Bodenmaterial verblieben ist. Die Inverkehrbringer von nicht aufbereitetem Bodenmaterial sind gesetzlich verpflichtet, eine Durchschrift oder Kopie des Lieferscheins ab dem Zeitpunkt der Ausstellung 5 Jahre lang aufzubewahren.
    • Das Nachhalten der Auftragnehmer-Pflichten sollte ein vom Bauherrn gebundener Dritter (örtliche Bauüberwachung, Gutachter etc.) übernehmen.
    • Der Bauherr sollte nach Möglichkeit Vereinbarungen mit Dritten schließen, die entsprechendes Bodenmaterial für Baumaßnahmen benötigen; dies könnte dazu führen, dass eine Qualifizierung des Bodenmaterials als Abfall verhindert werden kann.

Allein bei Projekten, bei denen Aushub- und Entsorgungsmaßnahmen sicher vor dem 1.8.2023 abgeschlossen sind, kann noch die alte (gegenwärtige) Rechtslage angewendet werden.

III. Konstellation 2: Einbau vom MEB, bspw. RC-Baustoffen oder Bodenmaterial, zur Verwendung in einem technischen Bauwerk

  1. Die EBV unterscheidet zwischen Pflichten und Anforderungen, die an die güteüberwachte Herstellung von MEB gestellt werden, und Pflichten und Anforderungen, die der Bauherr bzw. Verwender dieser MEB bei Einbau der MEB in ein technisches Bauwerk zu beachten hat. Für Bauherren sind daher insbesondere die Anforderungen in Abschnitt 4 über den Einbau von MEB (§§ 19–23) der EBV maßgeblich.

  2. Die spezifischen Pflichten in Bezug auf den Einbau von MEB sind zwingend bei operativen Baumaßnahmen zu berücksichtigen, sobald die Baumaßnahmen über den 31.7.2023 hinaus andauern oder erst nach diesem Stichtag beginnen und dabei MEB in ein technisches Bauwerk eingebaut werden sollen. Werden diese Pflichten missachtet, sieht die EBV durch einen Verweis auf das Bundes-Bodenschutzgesetz die Möglichkeit von Bußgeldern vor, § 26 Abs. 3 EBV; denkbar sind überdies auch abfall-, bodenschutz- und bauordnungsrechtliche Maßnahmen.

  3. Als zentrale Anforderung bestimmt § 19 Abs. 1 EBV, dass MEB oder Gemische in technische Bauwerke nur eingebaut werden dürfen, wenn nachteilige Veränderungen der Grundwasserbeschaffenheit und schädliche Bodenveränderungen nicht zu besorgen sind. Bei MEB sind nachteilige Veränderungen der Grundwasserbeschaffenheit und schädliche Bodenveränderungen nicht zu besorgen, wenn entweder die einzubauenden MEB güteüberwacht hergestellt worden sind bzw. die Anforderungen an nicht aufbereitetes Bodenmaterial eingehalten worden sind und der Einbau der MEB nur in den für sie jeweils zulässigen Einbauweisen nach Anlage 2 oder 3 EBV erfolgt oder Bodenmaterial der Klasse 0 (BM-0) eingebaut wird. In Wasser- und Heilquellenschutzgebieten der Zone I ist ein Einbau von MEB in technische Bauwerke unzulässig. In Wasser- und Heilquellenschutzgebieten der Zonen II, III A und III B bzw. III und IV sowie in Wasservorranggebieten gelten nach § 19 Abs. 6 EBV besondere Anforderungen.

    Der Einbau hat oberhalb der in Anlage 2 oder 3 EBV vorgesehenen natürlich vorliegenden oder künstlich hergestellten Grundwasserdeckschicht zu erfolgen. Wird die Grundwasserdeckschicht künstlich hergestellt, bedarf es der Zustimmung der zuständigen Behörde.

    Werden die Einbauanforderungen nach den §§ 19 und 20 EBV eingehalten, bedürfen entsprechende Maßnahmen gemäß § 21 EBV keiner wasserrechtlichen Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 WHG.
  1. Gemäß § 25 Abs. 3 EBV sind weiterhin Dokumentationspflichten zu berücksichtigen. So hat der Verwender im Rahmen einer Baumaßnahme die vom Betreiber einer MEB-Aufbereitungsanlage, ggf. über den Beförderer, erhaltenen Lieferscheine zusammenzufügen und mit einem Deckblatt nach dem Muster der Anlage 8 zu versehen. Bauherr und Verwender können, müssen aber nicht personengleich sein. Es spricht vieles dafür, dass der Auftragnehmer als operativ verantwortlich Tätiger Verwender im Sinne des § 2 Nr. 14 EBV ist.

    Wenn mindestens 250 m3 Bodenmaterial der Klasse F3 (BM-F3) oder RC-Baustoff der Klasse 3 (RC-3) in ein technisches Bauwerk eingebaut werden sollen, besteht zudem eine Voranzeigepflicht nach § 22 Abs. 1 Satz 3 EBV und eine Abschlussanzeigepflicht nach § 22 Abs. 4 EBV. In diesen Fällen wird die Verwendung der MEB in dem betreffenden technischen Bauwerk zudem gemäß § 23 EBV im Ersatzbaustoffkataster behördlich dokumentiert.
  1. Aus Sicht des Bauherrn erscheint es sehr sinnvoll, rechtzeitig und eindeutig in der Planungs- und Ausschreibungsphase festzulegen, wer die vorgenannten Anforderungs- und Dokumentationspflichten für den zu verwendenden, einzubauenden MEB in dem jeweiligen technischen Bauwerk der Maßnahme bzw. des Projektes übernimmt. Der Bauherr/Auftraggeber sollte ungeachtet der Frage, wer Verwender der MEB ist, den Auftragnehmer mit der Wahrnehmung dieser Pflichten vertraglich beauftragen. Hierzu gehören neben der Erfüllung aller Einbaupflichten nach EBV insbesondere auch die Entgegennahme der Lieferscheine (Muster Anlage 7 EBV) und die Zusammenstellung der Lieferscheine mit Vor- und Abschlussanzeige (Muster Anlage 8 EBV).

    Vor dem Hintergrund der neuen Rechtslage ist in Bezug auf Bauprojekte, deren vertraglichen Verpflichtungen noch die bisherige Rechtslage zugrunde liegt, die aber über den 1.8.2023 andauern werden, eine Rücksprache mit der zuständigen Behörde dringend zu empfehlen. Je nach den konkreten Gegebenheiten sieht § 21 Abs. 2 und Abs. 3 EBV die Möglichkeit vor, im Einzelfall einen von den Vorgaben der EBV abweichenden Einbau von MEB und den Einbau von anderen Stoffen bzw. Materialklassen zuzulassen.

    Eine Rücksprache ist auch dann empfehlenswert, wenn das technische Bauwerk, in das MEB eingebaut werden sollen, in „vorbelasteten Gebieten“ liegt, denn dann kann in einem gewissen Umfang von den grundsätzlich einzuhaltenden Einbau-Regeln abgewichen werden, vgl. § 21 Abs. 4 und 5 EBV.
  1. Im Gegensatz zur EBV, die den Einbau von MEB in ein technisches Bauwerk regelt, konkretisiert die Novelle der BBodSchV insbesondere Vorsorgeanforderungen zum Auf- und Einbringen von Materialien auf und in den Boden, §§ 6–8 BBodSchV n.F. Unterschieden wird in allgemeine Anforderungen nach § 6 BBodSchV n.F., zusätzliche Anforderungen in Bezug auf durchwurzelbare Bodenschichten nach § 7 BBodSchV n.F. und zusätzliche Anforderungen unterhalb oder außerhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht nach §8 BBodSchV n.F. Die entsprechenden Anforderungen können bspw. bei der Gestaltung von Grünanlagen relevant und zu beachten sein.

[1] Verordnung zur Einführung einer Ersatzbaustoffverordnung, zur Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung und zur Änderung der Deponieverordnung und der Gewerbeabfallverordnung vom 9.7.2021, BGBl. I, Nr. 43 v. 16.7.2021, S. 2598.

Artikel als PDF herunterladen
Dr. Jens Nusser, LL.M.
Rechtsanwalt | Partner

Zurück